Die Fliegerstaffel 15 und die Flugplatz-Abteilung 7 haben im November 1993 ihren letzten Wiederholungskurs auf dem Flugplatz St. Stephan gemacht. Der Hunterverein Obersimmental kann heute quasi als ziviler Nachfolger bezeichnet werden. Optisches und lautstarkes Zeichen der fliegerischen Geschichte ist heute der «Papyrus»-Hunter. Die Bemalung als «fliegende Zeitung» stammt vom Papierflieger, dem Abzeichen der ehemaligen Staffel 15. Mit viel Aufwand und breiter Unterstützung konnte der Kampfjet am Leben respektive in der Luft gehalten werden. Dank den Partnerschaften zu anderen Vereinen sind auch immer noch Ersatzteile für die über 60-jährige formschöne Maschine vorhanden. Den Unterhalt musste im letzten Jahr von St. Stephan ins Fliegermuseum Altenrhein ausgelagert werden, da die Vorschriften stetig strenger werden und die Mechaniker auch langsam in Rente gehen.
Die Anfänge des «Papyrus»-Hunter
Gegründet wurde der Hunterverein am 26. Oktober 1994. Damals war die Rede davon, eine Maschine auf dem Flugplatz als Denkmal aufzustellen. Doch die Idee eines flugfähigen Jets bündelte die Kräfte: Der Vorstand besteht noch heute aus Gemeindevertretern von Lenk, St.Stephan, Zweisimmen und Boltigen (denen der Hunter gehört), aus Piloten, Mechanikern und lokalen Vertretern. Dass überhaupt eines der Militärflugzeuge für das Obersimmental gerettet werden konnte, ist auch dem letzten Staffelkommandanten Ueli Leutert zu verdanken. Und seit 2000 fliegt der Hunter wieder – mit ziviler Immatrikulation. Aus der Idee ist heute ein grosser Verein mit über 900 Mitgliedern entstanden. Diese und Sponsoren unterstützen das Andenken an die ehemalige Hunter-Basis. Der Verein hat die Aufgabe übernommen – in Zusammenarbeit mit den anderen Schweizer Hunter-Vereinen – den «Papyrus-Hunter» weiterhin in flugfähigem Zustand zu erhalten.
Luftwaffen-Besuch am Flugplatzfest
Einmal jährlich wird auf der Homebase das Flugplatzfest – mit Gratis-Eintritt – gefeiert. Ausser dem «Papyrus» sind normalerweise zahlreiche Oldtimer-Flugzeuge zu Gast. Man feiert zwar mit Jetlärm, aber meist bescheiden. Zum Jubiläum wird jedoch das PC-7 TEAM, die propellergetriebene Visitenkarte der Schweizer Luftwaffe, seine Figuren an den Himmel über dem Obersimmental zeichnen – im engen Bergtal für Piloten und Besucher sicher ein Highlight. Zudem sind gut ein Dutzend englische Tiger Moth-Doppeldecker (Jahrgang ca. 1934) angemeldet, neun davon werden am Samstagnachmittag eine Vorführung fliegen. Der Anlass beginnt morgens mit dem Einflug der Gastmaschinen, gefolgt von der Mitgliederversammlung des Huntervereins Obersimmental. Es werden Rundflüge mit Helikoptern angeboten – das Fliegen kann so am eigenen Leib erlebt werden. Verkaufs- und Verpflegungsstände stehen bereit. Die Aussteller freuen sich auf zahlreiche Besucher.
Welche Flugzeuge St. Stephan einen Besuch abstatten, ist wohl die meistgestellte Frage im Vorfeld des Anlasses. Das hängt jeweils stark von den Wetterverhältnissen ab. Verschiedene historische Maschinen wie die blankpolierte «Swissair»-DC-3, Beech 18, Hunter-Doppelsitzer und Vampire-Trainer werden traditionellerweise Ende August in St. Stephan erwartet. Zudem führen das Swiss Hunter Team sowie die «Amici del Hunter» bereits ab Mitte Woche Passagierflüge durch, was oftmals schon viele Zuschauer anzieht.
Bitte beachten Sie am Anlass die signalisierte Verkehrsführung und Hinweise des Sicherheitspersonals! Neuigkeiten zum Programm und den Flugzeugen gibt es jeweils unter www.hunterverein.ch
oder auf der entsprechenden Facebook-Seite.
Interview mit Ueli Leutert
Uniform und Fliegerkombi begleiten Ueli Leutert seit Beginn seiner Fliegerkarriere 1969 – der elegante Einreiher der Swissair/Swiss mit den Captain-Streifen, das grüne Kombi mit den Hauptmann-Abzeichen der Schweizer Luftwaffe und heute die Jacke in blau mit dem Papyrus des Huntervereins Obersimmental. Der in Wil SG aufgewachsene und heute in Küsnacht/ZH wohnhafte Pilot war schon als Kind von der Aviatik, aber auch von Eisenbahnen fasziniert. Aufgrund des Flyers «Werde Pilot», entschied sich Ueli Leutert dann für eine fliegerische Laufbahn und Modeleisenbahn als Hobby. Er wollte alle Facetten der Fliegerei kennenlernen: die militärische mit ihren schnellen Einsätzen im Verband, später die Tätigkeit als Fluglehrer auf PC-7 und im F/A-18 Hornet-Simulator. Wie auch die zivile bei Swissair, später Swiss mit der verantwortungsvollen Aufgabe eines Flugkapitäns und Instruktors. Dank seinen exzellenten Beziehungen zur Royal Airforce und zu ehemaligen Kampfpiloten der RAF, die heute «Tigermotten» fliegen, werden beim Flugplatzfest am 31. August 12 einmotorige Doppeldecker im Verband über St. Stephan fliegen. Ein seltener Anblick, der an Flugmeetings in Dübendorf der dreissiger Jahren erinnern wird. «Cockpit»-Mitarbeiter Rolf Müller hat sich mit Ueli Leutert über dieses Thema unterhalten.
«Cockpit»: Herr Leutert, wie ist es Ihnen gelungen, dass eine ganze Staffel Tiger Moths in die Schweiz fliegt?
Ueli Leutert: Anfangs März 1991 wurde ich zusammen mit Ruedi Pauli auserkoren am Ende des ersten Golfkriegs einen Gefangenenaustauch mit zwei MD-80 im Auftrag des Roten Kreuzes zu fliegen. Am 5. März haben wir mit zwei MD-80 je 148 Iraker von Hafr al Batin nach Baghdad geflogen. Ich bin anschliessend mit 35 gefangengenommenen Piloten, u.a. der RAF, und Fallschirmgrenadieren auf den Militärflugplatz von Riad geflogen, wo wir von Norman Schwarzkopf und Toni Blair empfangen wurden. Während des Fluges haben uns zwei Britische Tornados und zwei Amerikanische F-15 eskortiert. Seither habe ich viele Freunde in der RAF. Einer davon ist Rupert Clark und er fliegt eine Tiger Moth.
Offenbar konnten Sie gerettete Kampfpiloten nachträglich in England besuchen. Gab es für Sie Einladungen zum Besuch von Air Force Bases?
Schon im Oktober 1991 hat der Grossteil der 15-er die Kollegen der RAF St 15 in Laarbruch Deutschland besucht. Dabei hatte ich das Privileg mit Rupert Clark im Tornado GR4 einen Einsatz zu fliegen. Auch später besuchte ich Rupert regelmässig in England und er schaffte es, mir einen Flug mit ihm auf dem Tornado F-3 als auch mehrere Flüge mit dem Hawk zu ermöglichen. Als Krönung war ich einen Tag im Flugbetrieb bei den Red Arrows zu Gast. Sie durften sogar in einem Tornado mitfliegen.
Sind Sie bereits mit einem Tiger Moth geflogen?
Ja, natürlich auch mit Rupert Clark in England. Er ist im Gegenzug mit mir in der Schweiz mit dem Bücker geflogen.
Und gibt es wesentliche technische Unterschiede zwischen Bücker und Tiger Moth?
Obwohl die Tiger Moth nicht viel älter ist als der Bücker, sind die Unterschied recht gross. Der Bücker ist viel agiler und wendiger. Das hat mir Jeff, der Leader dieser Tiger Moths, bei der Rekognoszierung mit unserem Bücker in St. Stephan bestätigt. Zudem haben die Tiger Moth in der Originalversion keine Bremsen und kein Heckrad, lediglich einen Hecksporn. Das macht die Operation auf der Hartbelagpiste in St. Stephan schwierig. Wir brauchen viele Helfer um die Flugzeuge am Boden zu bewegen.
Sind in der Schweiz auch Tiger Moths registriert?
Ja, Bruno Vonlanthen von Moth Club Switzerland hat mir Hilfe in St. Stephan angeboten. Es kommen wahrscheinlich auch 4 Schweizer Tiger Moth nach St. Stephan.
Wie waren die Vorbereitungen für den geplanten Überflug? Sind Sie die Strecke zusammen mit dem Tiger Moth Leader im Bücker abgeflogen?
Gewöhnlich fliegen 9 Tiger Moth in England an Airshows. Alles sind sehr routinierte aktive oder pensionierte Berufspiloten. Das Gelände in England ist jedoch nicht mit dem Simmental zu vergleichen. Aus diesem Grund ist Jeff, der Leader, mit der Linie von London nach Zürich geflogen. Anschliessend habe ich ihn im Bücker nach St. Stephan mitgenommen. Vom Boden und der Luft aus konnte er sich einen guten Eindruck vom Gelände verschaffen. Ihre Vorführung in England dauert jeweils 9 Minuten. Statt diesen 9 Minuten sind wir fast 40 Minuten über St. Stephan geflogen. Er wollte damit mögliche Varianten für die Vorführung in der Schweiz erproben.