Viele Pilotinnen und Piloten haben sich aus diesem Grund in den vergangenen Monaten neu orientiert, haben sich eine Neben- oder Neubeschäftigung gesucht, sich umschulen lassen oder ein zweites Standbein aufgebaut. Das hat auch Philippe Ammann getan. Der Swiss-Captain hat am Center for Aviation Competence CFAC der Uni St. Gallen (www.cfac.ch) den Lehrgang «Check-in to Management» besucht und sich vor einem Jahr selbstständig gemacht. Im Gespräch erzählt er von seiner Leidenschaft für das Fliegen, von den Herausforderungen der letzten 1,5 Jahre, den damit verbundenen Unsicherheiten, aber auch vom entfachten Feuer für die Arbeit mit Menschen. Und er sagt, weshalb Piloten auch ausserhalb ihres angestammten Berufsfeldes wertvolle Fachkräfte sind.  

Nachstehend ein Auszug aus dem Gespräch. Das ganze Interview lesen Sie in der neuen gedruckten «Cockpit»-Ausgabe 9/21.

«Cockpit»: Herr Ammann, Sie sind seit rund drei Jahrzehnten Pilot bei der Swiss, wovon seit über 12 Jahren Captain. Ihr Traumberuf?
Philippe Ammann: Ja, Pilot ist tatsächlich mein Traumberuf und ist es bis heute geblieben. Mit zwölf Jahren wusste ich bereits, dass ich Pilot werden möchte und habe Fliegerzeitschriften wie «Cockpit» richtiggehend verschlungen. Ein Mentor, sozusagen mein Fluggötti, gab mir dann einen besonderen Schub, als er mich mit 14 Jahren im Segelflugzeug mitnahm. Über die FVS-Kurse (heute SPHAIR) führte mich der Weg schliesslich ins Swiss(air)-Cockpit. Und die Begeisterung fürs Fliegen ist auch heute noch da!

Inwiefern hat sich Ihr Beruf in den letzten 18 Monaten verändert?
Der Beruf als Pilot ist gleich geblieben, doch sind die Rahmenbedingungen anspruchsvoller geworden. Kurzfristige Einsatzänderungen, Länder mit Einreiserestriktionen, Unsicherheiten für Passagiere und Crew führen dazu, dass wir sehr flexibel und verständnisvoll sein müssen, was nicht immer einfach ist. Die grösste Veränderung für mich persönlich ist die reduzierte Flugpraxis. Swiss hat ein sinnvolles Einsatz- und Schulungskonzept entwickelt, um uns Piloten genügend Training zu ermöglichen. Trotzdem habe ich nun mehrere Monate nicht fliegen können, da es einfach nicht genügend Flüge für alle Piloten gibt. Das habe ich so noch nie erlebt. Das Grounding war ja schon ein einschneidendes Erlebnis, doch was wir heute erleben, das konnte ich mir vor 18 Monaten noch nicht vorstellen.

Mit ein Grund, weshalb Fliegen heute nicht mehr Ihre einzige berufliche Tätigkeit ist. Seit einem Jahr sind Sie auch selbstständiger Unternehmer. Was tun Sie, wenn Sie nicht in einem Cockpit sitzen?
Vor allem hart arbeiten, mich selbst weiterbilden und mich vernetzen. Dazu Impulsreferate halten, auf meine Firma Pilot Impuls (www.pilotimpuls.ch) und ihr Angebot aufmerksam machen, Social Media Content erstellen, Interviews führen und Filmaufnahmen erstellen. Es sind für mich neue Herausforderungen, auch auf der Unternehmer- statt nur auf der Arbeitnehmerseite zu stehen. Ich habe ein tieferes Verständnis erhalten für die Firmensicht, der Blickwinkel ist ein ganz anderer. Ich finde dies sehr faszinierend und motivierend; es macht mir viel Freude. Es bedingt jedoch ein grosses Commitment und viel Eigeninitiative.

Der Traumberuf «Pilot», dem noch vor zwei Jahren glänzende Prognosen anhafteten, ist heute ein Job mit ungewisser Zukunft. Was bedeutet dies mittel- und allenfalls auch langfristig für den Beruf generell, aber auch für den einzelnen Piloten?
Pilot ist nach wie vor (m)ein Traumberuf! Es gibt nichts Schöneres, als mit einem 235 Tonnen schweren, vollen Airbus A330 zu starten und die Passagiere an ihrem Ziel lächelnd von Bord gehen zu sehen. Der Pilotenbedarf ist immer sehr zyklisch. Wer den Beruf ergreifen möchte, soll dies auch heute tun – so wie auch unser Sohn. Auch ihm gebe ich jedoch einen Rat mit auf den Weg: Entwickle eine zweite Kernkompetenz in einem kreativen Bereich, wo du mittelfristig nicht durch den Computer ersetzt werden kannst. Das kann im Training, im Management oder in einem ganz anderen Bereich sein. Nur mit der Kernkompetenz «Pilot» allein denke ich, ist man für die Zukunft ungenügend aufgestellt.

Welche Attribute machen Piloten auch ausserhalb ihres angestammten Berufsfeldes zu wertvollen Fachkräften?
Piloten, vor allem Captains, haben gelernt, keine Angst vor dem Entscheiden zu haben. Und sie sind fähig, Verantwortung für über 300 Menschen an Bord und ein Flugzeug im Wert von über 300 Millionen Franken zu tragen – und nicht nur von Verantwortung zu reden… Sie führen und koordinieren, nebst einem technisch sehr komplexen System, auch eine Crew in ihrer gesamten Bandbreite der Eigenschaften. Sie sind zugleich Motivatoren wie auch im Notfall starke Führungsfiguren. Sie engagieren sich enorm und handeln eigenständig im Sinne des Auftrags der Firma.
Ihre Lösungskompetenzen, chaotische Probleme zuerst in komplexe, danach in komplizierte und schliesslich in einfach lösbare Teilprobleme zurückzuführen, zeichnet sie aus. Und das unter Zeitdruck, mentalem Stress und ohne Möglichkeit, mal kurz in 10 000 m Höhe auf dem Pannenstreifen anhalten zu können. Die Teamfähigkeit von Piloten ist ausgezeichnet. Bilden Sie einen solchen Menschen noch geschäftsspezifisch aus, gewinnen Sie für Ihr Unternehmen einen starken und loyalen Verantwortungsträger.

Das ganze Interview ist in der gedruckten Ausgabe 9/21 von «Cockpit» nachzulesen (ab dem 16. September im Briefkasten oder am Kiosk). Verpassen Sie keine Ausgabe und bestellen Sie noch heute ein Abo. Einzelne Ausgaben können unter diesem Link bestellt werden.