«Cockpit»: Hans Jörg Ammann, was ist das für ein Gefühl, in einem F-5E Tiger II mit 300 km/h auf eine Autobahnbrücke zuzurasen?
Hans Jörg Ammann: Die volle Konzentration während des Startvorgangs lässt natürlich wenig Spielraum für Gefühle. Der F-5E erreicht mit vollen Nachbrennern rasch die Rotationsgeschwindigkeit. Dass der Abstand zwischen der Brücke und dem Seitenruder des Tiger II nur etwa einen halben Meter beträgt, ist eigentlich kein Problem. Zudem war ich während des Rollens visuell nach vorne gerichtet und auf das Einhalten der Centerline konzentriert. Dafür gab es für mich eine andere Überraschung: Das waren die von der Brückenstruktur zurückgeworfenen Schallwellen der auf Vollschub laufenden Triebwerke. Das hörte sich im Moment des Unterrollens der Brücke an wie eine Explosion.

Gab es im Vorfeld der Übung ein spezielles Briefing für die Piloten?
Das bei Einsätzen übliche Briefing fand mit allen an der Übung «Tauto» beteiligten Piloten statt. Zu den in der Einsatz-besprechung abgegebenen Informationen gehörten unter anderem die Pistenlänge, die Funkfrequenzen, die Hindernisse sowie die Ein- und Ausflugspunkte sowie die Landevolten. Auch die Rollordnung und die zu beziehenden Parkplätze in der Nähe des Rastplatzes waren Teil der Einsatzbesprechung.

Auf einem Militärflugplatz der Schweizer Luftwaffe sind Tower, elektronische Lande-systeme sowie eine Pistenbefeuerung vorhanden. Das alles fehlt auf den Nationalstrassen. Wie werden die Flugzeuge auf die Autobahn geleitet?
Bodenseitig ist auf diesen Behelfspisten ausser dem Funk nichts vorhanden. Das bedeutet, dass die Piloten die Autobahn im Sichtflug (VFR) anfliegen müssen. Eine Landung auf der Autobahn ist also zum Beispiel bei dichtem Nebel oder Schneetreiben nicht möglich, weil die Minimalbedingungen für den Sichtflug nicht gegeben sind.

Was ist der Knackpunkt während einer Landung auf der Autobahn?
Da gibt es gar keinen Knackpunkt. Während einer Landung auf der Autobahn gilt das, was bei jeder Landung von zentraler Bedeutung ist: Ein sauberer, stabiler End-anflug erweist sich als das A und O. Wichtig ist, ohne seitliches Moment auf der Centerline aufzusetzen. Denn es gibt einen wesentlichen Unterschied zwischen einer Autobahn und einer normalen Piste: Auf einem Flugplatz befindet sich beidseits der Piste meist viel hindernisfreies Gelände, der sogenannte Sturzraum. Nicht so auf einer Autobahn. Am Pistenrand lauert links und rechts die Leitplanke, die ja im Gegensatz zur Mittelleitplanke nicht demontiert ist. Touchiert ein Flugzeug während dem Start oder der Landung die Leitplanke, wird es eher ungesund für den Piloten. 

Was war Ihr eindrücklichstes Erlebnis während dieser Übung?
Der Eindruck der hohen Geschwindigkeit bei Start und Landung auf der Autobahn war schon grossartig. Eigentlich war die gesamte Übung «Tauto» ein eindrückliches Erlebnis. Ich bin dankbar, dass ich als Milizpilot die einmalige Gelegenheit erhielt, daran teilzunehmen. 

Die Autobahnlandungen werden von verschiedenen Fernsehstationen live übertragen. Im «Cockpit» werden wir zu einem späteren Zeitpunkt die aktuellsten und gelungensten Bilder online unter www.cockpit.aero aufschalten. Und in der gedruckten Version des «Cockpit» Nr. 7 werden wir dann einen Hintergrundbericht publizieren.