Der Airbus Demonstrator RACER (Rapid And Cost-Effective Rotorcraft). fliegt mit über 400 km/h nicht nur 100 bis 200 km/h schneller als ein durchschnittlicher Hubschrauber, er ist auch überraschend leise – und das, obwohl er nicht nur über einen Rotor, sondern zusätzlich über zwei weitere Propeller verfügt.
RACER Teil des Programms Clean Sky 2
«Im Rahmen des Europäischen Luftfahrtforschungsprogramms Clean Sky 2 ist es uns gelungen, nach der aerodynamischen Bewertung und Mitgestaltung des von Airbus geplanten neuen Hubschrauber-Konzepts RACER, jetzt auch eine vollständige akustische Analyse durchzuführen», erklärt DLR-Ingenieur Dr. Jianping Yin. «Der Lärm von Propellern und Rotor wurde für die gesamte RACER-Konfiguration in verschiedenen Flugzuständen untersucht. Zudem wurde die akustische Streuung und Schallabschattung des Propellerlärms durch den Rumpf analysiert.»
Clean Sky sieht unter anderem vor, dass gegenüber dem Jahr 2000 die CO2-Emissionen des Luftverkehrs bis zum Jahr 2050 um 75 Prozent und die Lärmemissionen im Flughafenumfeld um 65 Prozent gesenkt werden sollen. Airbus nimmt mit dem RACER an diesem Programm teil.
Mischung zwischen Heli und Flächenflugzeug
Hohe Geschwindigkeiten sind bei Luftfahrzeugen eine der Ursachen für starke Lärmentwicklungen. Das leise Flugverhalten des RACER wird möglich, da er wie ein Flugzeug geflogen werden kann. Für den futuristischen wirkenden Demonstrator sind die Lärmminderungsmassnahmen eine wichtige Voraussetzung, denn er ist auf den Betrieb für Rettungseinsätze, notärztliche Versorgung, öffentliche und private Versorgungs- sowie Transportflüge ausgelegt. Und für die spielen nicht nur Schnelligkeit und Reichweite eine Rolle, sondern auch eine geringere Lärmbelästigung in Wohnräumen und Menschennähe.
Der RACER, der an eine Mischung aus Flächenflugzeug und Hubschrauber erinnert, hat mit seinem ausgefallenen Design die Wissenschaftler bei der akustischen Analyse vor viele Herausforderungen gestellt. Aufgrund der diversen Interaktionen zwischen Rotor, Propellern, Flügeln, Rumpf und Leitwerk mussten sie mit zahlreichen Untersuchungen für einzelne Abschnitte, Komponenten und Flugzustände immer wieder neue Vergleiche anstellen. Ob rechtsdrehender Propeller und oberer Flügel oder linksdrehender Propeller und unterer Flügel, ob Rotor und Propeller oder Flügel und Rumpf – alle Konstellationen, alle Randbedingungen, wie Flugzustand, Geschwindigkeit und Höhe, alle gegenseitigen Beeinflussungen von Strömungsrichtung, -geschwindigkeit und –nachläufen wurden ebenso berücksichtigt wie die Rotationsrichtung von Rotor, Propellern und Randwirbeln sowie deren Auswirkungen auf den Auftrieb.
Wertvolle Analysen
«Indem wir in einzelnen Schritten mögliche Interaktionen analysiert haben, konnten wir herausfinden, wie sich beispielsweise die besondere Flügelform und die Propeller aerodynamisch und akustisch beeinflussen», erklärt Jianping Yin. So habe sich unter anderem herausgestellt, dass der Propeller einen willkommenen Einfluss auf den Widerstand des Hubschraubers hat, wenn er sich entgegen der Rotationsrichtung der an den Flügelspitzen entstehenden Wirbel dreht. «Das geschieht dadurch, dass der Propeller so ein Teil der Energie aus den Flügelwirbeln zurückgewinnen kann», führt Yin aus.
Ein weiteres Ergebnis: Im Reiseflug ist der Abstand des Hauptrotors zu den Flügeln und Propellern ausreichend, um diese nicht direkt mit seinem Nachlauf zu treffen. Allerdings muss beim Design berücksichtigt werden, dass der Hauptrotor die auftreffende Luft im Flug ablenkt und dadurch die Umströmung der Flügel und Propeller beeinflusst.
Lärmemissionen werden vor dem Erstflug minimiert
Alle Ergebnisse ermöglichen es jetzt, die lärmverursachenden Interaktionen zwischen einzelnen Komponenten vorherzusagen, bevor der Demonstrator 2021 im Flugversuch erprobt werden soll. Nachdem die Erkenntnisse zunächst in den nun abgeschlossenen Entwurf der neuen Konfiguration eingeflossen sind, können bereits heute die Flugbahnen des Hubschraubers so optimiert werden, dass die Lärmemission minimiert wird.
Schliesslich wurden die akustischen Eigenschaften des Hubschrauber-Demonstrators für eine Vielzahl von Flugbedingungen analysiert. «Die identifizierten Flugzustände mit geringer Schallemission werden Airbus-Helicopters und Betreibern helfen, Flugprofile mit minimalen Lärmwirkungen auf die Anwohner zu entwickeln», sagte Dr. Thorsten Schwarz vom DLR-Institut für Aerodynamik und Strömungstechnik in Braunschweig.
Die Forschungsaktivitäten wurden gemeinsam mit der französischen Luftfahrtforschungseinrichtung ONERA in einem Partnerprojekt zum Europäischen Vorhaben Clean Sky 2 - Airframe durchgeführt. Als Sonderentwicklung entstehen bei MT-Propeller die Spezialpropeller.
Die Forschung wird durch das Europäische Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon 2020 finanziert.