Nach dem Absturz der HB-HOT vom vorletzten Samstag waren in der Öffentlichkeit Fragen zum Betrieb und zur Organisation der Ju-Air aufgekommen. CEO Kurt Waldmeier und Chefpilot Andreas Pfisterer, aus dem Fachbereich Technik und Operation Cheftechniker Andreas Züblin sowie Tobias Koch, Projektleiter «Aging Aircraft», war es ein Anliegen, diese anlässlich einer Medienkonferenz vor der Wiederaufnahme des Flugbetriebes zu beantworten. CEO-Waldmeier blickte auf 36 unfallfreie Jahre zurück. Diese endeten am späteren Nachmittag des 4. August jäh, als eine der Ju 52, die HB-HOT, beim Piz Segnas abstürzte. Waldmeier betonte, dass sie mit jedem Teammitglied Einzelgespräche geführt hätten. «Allen haben wir die Frage gestellt: Bist du voll einsatzfähig?» Es gebe Mitarbeiter, die im Moment auf einen Einsatz verzichten möchten. Dies sei kein Zeichen von Schwäche, sondern vielmehr der Stärke und werde positiv gewertet.
Am Nachmittag, kurz nach 16 Uhr, startete die Ju 52, HB-HOS, erstmals wieder mit Passagieren. Sie landete rund 90 Minuten später im Deutschen Bensheim, wo am Wochenende Segelflugtage stattfinden.
Massnahmen umgesetzt
An der Flugvorbereitung habe sich nichts geändert, es werde standardmässig gebrieft, so Chefpilot Andreas Pfisterer. Er glaube aber, dass sich nun jeder mehr Zeit dafür nehmen werde. Dennoch werden künftige Ju-Flüge anders verlaufen. Das Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) hat der Ju-Air verschiedene Massnahmen auferlegt. Die minimale Flughöhe über Grund wurde verdoppelt und Passagiere müssen während des ganzen Fluges angeschnallt bleiben. Damit sind Besuche im Cockpit künftig nicht mehr möglich. Andreas Pfisterer hielt fest, dass ein Sicherheitssystem aufgebaut werde. Mit GPS-Geräten sollen die Flüge aufgezeichnet und anonym ausgewertet werden. Die Piloten erhielten dadurch wertvolle Hinweise, die der Flugsicherheit dienen würden.
Am Donnerstag und Freitagmorgen haben 16 Besatzungsmitglieder zudem an einem speziellen Refresher-Kurs teilgenommen. Es ging darum, wie die Richtlinien und auch die neuen Massnahmen gehandhabt respektive umgesetzt werden müssen. Zudem wollte man feststellen, ob die Crew-Mitglieder alle «ready to fly» seien. Dies sei bei allen, ausser einem Piloten der Fall gewesen.
Für alle Fluglagen ausgebildet
Sogenannte «Stall»-Übungen seien Teil der Grundausbildung und des jährlichen Recurrent-Trainings, erklärt Pfisterer. Dafür bringt man das Flugzeug in verschiedenen Flugkonfigurationen absichtlich nahe an den Strömungsabriss um zu spüren, wie es in dieser Fluglage reagiert. Die Piloten werden geschult, wie sie in dieser Situation handeln müssen. «Wir machen diese Übung mit dem Flugzeug in einer Sicherheitshöhe über unbewohntem Gebiet.» Der Höhenverlust, bis das Flugzeug wieder in eine normale Fluglage übergeht, könne «ein paar hundert Meter» betragen und hänge von der Reaktionszeit des Piloten ab. Zum Flugtraining gehören auch Notlandeübungen. Angesprochen auf die Flugplanung erklärte Pfisterer, diese unterscheide sich bei Flügen nach Sicht von Flügen nach Instrumenten: «Ich habe keine Waypoints unterwegs. Ich nehme mir zusammen mit meinem Kollegen oder der Kollegin eine Route vor.» Unterwegs entscheide die Crew aber je nach Situation, welcher Flugweg gewählt werde.