Während die Tinte auf dem Vertrag über die Vorabgenehmigung zur Fortsetzung der Arbeiten mit der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) trocknet, beginnt die Mission ClearSpace-1. Vor einem knappen Jahr hat die ESA das EPFL-Startup ClearSpace ausgewählt, um ein europäisches Konsortium zu leiten, das Technologien zum Auffangen und Deorbitieren von Weltraummüll entwickeln wird. Dies ist in vielerlei Hinsicht eine beispiellose Entscheidung. Erstens ist es in einem Sektor, der von Regierungsbehörden und anderen wichtigen Akteuren der Industrie dominiert wird, ungewöhnlich, ein Start-up für eine solche Rolle auszuwählen. Darüber hinaus ist dies das erste Mal, dass eine Weltraumbehörde ein Programm zur Bergung eines der vielen im Weltraum verbliebenen Objekte ausgewählt und finanziert hat. Die erste Aufgabe des Konsortiums wird darin bestehen, einen Teil der Oberstufe der Vega-Rakete einzufangen – die die ESA 2013 verlassen hat und derzeit die Erde in einer Höhe von 660 Kilometern umkreist – und dafür zu sorgen, dass sie kontrolliert wieder in die Atmosphäre eintritt. Der Start von ClearSpace-1 ist für 2025 geplant.
Vier Unternehmen aus der Schweiz
Seit der Startphase des Projektes hat sich die Zahl der Mitarbeiter von ClearSpace von fünf auf mehr als 20 vervierfacht. Acht Länder sind an dem Projekt beteiligt: Die Schweiz, das Vereinigte Königreich, die Tschechische Republik, Deutschland, Polen, Portugal, Rumänien und Schweden. Auch Microsoft unterstützt das Projekt durch sein Global Social Entrepreneurship-Programm. ClearSpace sucht noch nach weiteren Sponsoren für die Mission. Seit Anfang Jahr hat das Unternehmen hart an der Reorganisation seines Industrieteams gearbeitet, um das benötigte Know-how zu ermitteln, die richtigen Leute einzustellen und einen detaillierten Vorschlag zu erarbeiten, den die ESA soeben genehmigt hat.
«Wir haben eine Ausschreibung gestartet, und mehr als 50 Unternehmen aus ganz Europa haben sich beworben», sagt Luc Piguet, CEO von ClearSpace und EPFL-Alumnus mit einem Abschluss in Elektrotechnik. «Wir haben rund 20 Partner aus allen teilnehmenden Ländern ausgewählt, darunter vier Unternehmen hier in der Schweiz sowie die EPFL, die Hochschule für Wirtschaft und Technik Waadt (HEIG-VD) und das Astronomische Institut der Universität Bern (AIUB)». Das ClearSpace-1-Team hat bis März 2021 Zeit, um den Satelliten zu entwerfen, die Mission zu planen, alle Untersysteme zu definieren usw.
Gefährliche Geschosse
Die Inbetriebnahme ist das Ergebnis eines langfristigen Projekts, das 2012 am Raumfahrtzentrum der EPFL (eSpace) begann. Ziel der ersten CleanSpace-1-Initiative war bereits die Entwicklung von Technologien zur Erfassung und Deorbitierung veralteter Weltraumobjekte – wie nicht mehr genutzte Satelliten, Raketenstufen, Teile von Solarpaneelen und lose Schrauben und Muttern-, die in den letzten 60 Jahren in die Umlaufbahn gebracht wurden und nun den Raum unmittelbar über der Erde ausfüllen. Diese Objekte umkreisen unseren Planeten mit einer Geschwindigkeit von 28.000 km/h, was sie zu gefährlichen Geschossen für Arbeitssatelliten und Astronauten auf der internationalen Raumstation macht. Aus diesem Grund müssen die Raumfahrtbehörden nicht nur künftige Satelliten am Ende ihrer Nutzungsdauer aus der Umlaufbahn nehmen, sondern auch Wege finden, um die bereits dort oben befindlichen Weltraumsatelliten und Trümmer loszuwerden.