Hagelniederschläge kosten die Schweizer Volkswirtschaft jährlich Millionenbeträge, zerstören Ernten und verursachen Schäden, die mit Zeitaufwand und Ärger für die Betroffenen verbunden sind. Die teilte die Baloise heute mit. Im Rahmen ihrer Strategie «Simply Safe», die einen konsequenten Kundenfokus zum Ziel habe, gehe die Baloise mit ihrer Dienstleistung rund um das Thema Hagelschäden nun «einen grossen Schritt in die Zukunft». Ein Hagelflieger sorge neu dafür, dass Hagelniederschläge in der Schweiz minimiert werden oder bestenfalls gar nicht erst entstehen.

Hagelwolken werden mit Silberjodid geimpft

Wie muss man sich das vorstellen? Ein mit einer speziellen Sprühvorrichtung bestücktes Kleinflugzeug fliegt unter die Hagelwolke und setzt im Zentrum der Aufwinde ökologisch unbedenkliches Silberjodid frei, schreibt Baloise. Das Silberjodid fungiert als Eiskeim. Es verhindert durch diese Eigenschaft, dass sich grosse und schwere Hagelkörner bilden, die Schaden anrichten könnten. Stattdessen entstehen viele kleine Hagelkörner, die auf dem Weg zu Erde zu Schneematsch beziehungsweise im besten Fall zu Regen werden. «In Deutschland, Österreich und den USA werden seit Jahrzenten erfolgreich Hagelflieger zur Schadenprävention eingesetzt», sagt die Baloise. Nun profitiere auch die Schweiz von dieser Methode, effizient Hagelschaden zu verhindern. «Dellen im neuen Auto gehören so der Vergangenheit an. Davon profitieren nicht nur unsere Kunden, sondern alle Bewohner der beschützten Region», freut sich Mathias Zingg, Geschäftsleitungsmitglied und Leiter Schaden der Basler Versicherung.

Skepsis bei Meteorologen

Meteorologe Jörg Kachelmann schrieb 2009 in einem Wissenschaftsbeitrag in der «Welt» über Hagelflüge: «Dass die Maschinen beim Flug in ein aktives Gewitter, ja nur schon durch den Aufenthalt im Aufwindschlauch unmittelbar unter dem Cumulonimbus sachgerecht zerlegt würden, weiss jeder Airbus- oder Boeing-Kapitän. Lufthansa und Co. jedenfalls macht lieber einen grossen Bogen um alle Gewitterwolken. Hagelflugzeug-Piloten müssen sich kilometerweit von den Hagelzellen entfernt halten, wenn sie heil wieder landen wollen.» Und in seiner gewohnt bissigen Art stichelte er, wenn so ein Kleinflugzeug in das Eingemachte einer Gewitterwolke fliege, wo der Hagel wohne, würde nicht nur Silberjodid zur Erde rieseln. Peter Pöschl von SRF Meteo sagte auf srf.ch, es werde schwer zu überprüfen sein, ob die Theorie bei realen Verhältnissen so auch funktioniere, denn in Gewitterwolken herrsche sehr viel Dynamik. 

In Deutschland gibt es Hagelflüge seit mehreren Jahren

Tatsache ist, dass unter anderem auch in Deutschland solche Hagelflüge durchgeführt werden. Die Rosenheimer Hagelflieger zum Beispiel fliegen mit zweimotorigen Einsatzmaschinen des Typs Partenavia P68 C-TC. Die Piloten werden für die Hagelabwehr intensiv ausgebildet, steht auf deren Webseite. Sie verfügen über eine Instrumentenflugberechtigung. Neben der grundlegenden fliegerischen Ausbildung sei eine einjährige Zusatzausbildung bei Gewitterflügen erforderlich. Nur so könne neben den fliegerischen Fähigkeiten auch das nötige Fingerspitzengefühl für die punktgenaue Wolkenimpfung beim Flug an der Gewitterzelle entwickelt werden.

Nun ist also auch der Hagelflieger der Baloise einsatzbereit und deckt vom Flugplatz Birrfeld aus zunächst die Deutschschweiz ab. Der Versuch sei für drei Jahre geplant. Eine Erweiterung der Flotte in die Romandie und die italienische Schweiz wird gegenwärtig geprüft. Für die Baloise sei das Projekt Hagelflieger einen Versuch wert: Jährlich zahle sie wegen Hagelschäden einen zweistelligen Millionenbetrag aus. Rund 200'000 Franken pro Jahr koste der Betrieb des Hagelflugzeugs. Nicht bekannt ist, wie hoch der Hagelflieger versichert ist.

Trailer Baloise Hagelflieger