Zweifelsohne gehört Pipistrel schon heute zu den innovativsten Luftfahrtunternehmen der General Aviation. Die günstige Auftragslage der besonders auf Elektroflugzeuge spezialisierten Firma erlaubt so auch periphere Überlegungen über das Alltagsgeschäft hinaus
Grosses Marktpotenzial für Mini-Liner
Nun wurde aus Ajdovščina bekannt, dass erste Konzeptstudien durchgeführt wurden, die ein erhebliches Marktpotential für einen Mini-Liner-Konzept sehen. Voraussetzung dafür seien die technologische Umsetzung mit der infrastrukturellen Machbarkeit. Der in den Köpfen der Ingenieure angedachte Mini-Liner ist ein neuartiges emissionsfreies Flugzeug der Grössenklasse eines 20-Sitzers, der auf Landebahnen mit einer Länge von weniger als 1000 Meter, einschliesslich Graspisten auf kleinen Flugplätzen, eingesetzt werden könnte. Diese Flugzeuge haben daher das Potenzial, derzeit unterversorgte Regionen mit einer Reichweite von 200 bis 1000 km zu verbinden, aber auch Zubringerdienste von kleinen Flughäfen zu grossen Hubs anbieten.
Inhouse-Designstudien – Pipistrel macht ernst
Nachdem Pipistrel bereits vor einigen Jahren im Rahmen des MAHEPA-Projekts begonnen hat, grössere emissionsfreie Flugzeuge in Betracht zu ziehen, führt das Unternehmen nun aktiv konzeptionelle Designstudien im eigenen Haus durch und arbeitet im Rahmen des ebenfalls EU-finanzierten UNIFIER19-Projekts mit Universitäten zusammen. Das MAHEPA-Projekt sah vor, neuartige, modulare und skalierbare hybride elektrische Antriebe einzusetzen, die mit alternativen Kraftstoffen oder mit emissionsfreiem Wasserstoff betrieben werden können. Darauf möchte man jetzt aufbauen.
Aktuelle Typen in diesem Segment der Zubringer-Flugzeuge, so Pipistrel, basierten auf 40 Jahre alten Konstruktionen, die von kraftstoffverbrennenden, lauten und wartungsintensiven Turboprop-Triebwerken angetrieben werden. Der Mini-Liner von Pipistrel ermögliche eine Reduzierung der direkten Betriebskosten um 30 bis 40 % pro Sitzplatz im Vergleich zu heutigen Lösungen, selbst wenn neue emissionsfreie Antriebe, Echtzeit-Emissionsüberwachung und fortschrittliche Flugsteuerungs-Automatisierungstechnologien eingeführt werden, so Pipistrel. Letztere würde gleichzeitig den Betrieb mit einem Piloten erleichtern.
Betrieb ohne wesentlichen Investitionen in Infrastruktur
Pipistrel strebt einen EIS (Entry in Service) von 2028 bis 2030 an, da die vorgeschlagenen Konzepte darauf ausgerichtet sind, keine grossen Infrastrukturinvestitionen zu erfordern. Um die aktuellen Herausforderungen in den Bereichen Regulierung, Betrieb und Technologie zu bewältigen, arbeitet Pipistrel mit Europas Clean Aviation, SESAR und EASA zusammen und richtet mehrere Initiativen für Industriepartnerschaften ein.
Zubringer-Flüge werden fortschrittliche Flugsicherungssysteme nutzen, um die Mini-Liner sicher in die hochfrequentierten Lufträume im Bereich grosser Flughäfen zu integrieren. Da Flughäfen zu emissionsfreien multimodalen Knotenpunkten werden, wie es die EG-Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität vorschreibt, sind wasserstoffbetriebene emissionsfreie Mini-Liner jeden Tag näher an der Realität und werden die Entwicklungen vorantreiben.
Elektrische Antriebseinheit geplant
Das Projekt, wenngleich noch ein Papiertiger, könnte sehr schnell zu einem Muster zukünftiger Zubringerflugzeuge werden, die den Betrieb der Flugzeuge mit einem Mann im Cockpit vorsehen. Die hohe Zuverlässigkeit, die elektrisch betriebenen Flugzeuge garantieren, trägt dazu mit bei. Aktuell geht man bei Pipistrel von elektrischen Antriebeinheiten aus.
Auffallend an den ersten Entwurfszeichnungen sind vier Antriebsmotoren, wobei sich zwei davon an den Aussenflügeln befinden werden. Offen ist die Art der Energieerzeugung oder die Mitnahme des Energieträgers.