Anfang 2021 hat Qatar Airways an seinen A350 Schäden in der Struktur entdeckt. Sicherheitsbedenken hinsichtlich der Lufttüchtigkeit führten zum Grounding von 20 Flugzeugen dieser Flotte Qatars. Airbus bleibt dabei, dass die Darstellung Qatars falsch ist.
«Kein Lackschaden», sagt Qatar
Zwischen Rumpf – er besteht beim A350 aus faserverstärktem Verbundswerkstoff (CFK) – und Lack befindet sich eine Kupferfolienschicht (ECF). Diese dient als Blitzableiter. Diese Materialien können sich unterschiedlich ausdehnen, was zu eben diesen Rissen führen kann.
Airbus bezeichne den Zustand weiterhin als Lackschaden, obwohl der Schaden am darunter liegenden Rumpf aufgetreten ist und behaupte, dass dies auf die Tatsache zurückzuführen ist, dass der Rumpf des A350 aus Verbundwerkstoffen besteht. Qatar Airways betreibe jedoch viele andere Flugzeuge mit Verbundwerkstoffelementen und hat bis heute keinen Hinweis auf einen solchen Zustand gefunden. Auch sei kein anderer Hersteller gefunden worden, der ein solcher Zustand als akzeptable Bedingung im Zusammenhang mit der Verbundstoffbauweise ansiehe, so Qatar.
Ausbesserung überhaupt zielführend?
Airbus stellt sich auf den Standpunkt, dass es für die bereits an Qatar ausgelieferten A350 und vielleicht auch für künftige Maschinen dieses Typs, die sich noch in Montage befinden, keine einfache Lösung des Problems gebe. Das Einzige sei die Ausbesserung aller betroffenen Stellen, was bis zu 900 sein könnten. Airbus hat diese Zahl für die Flugzeuge benannt, an denen am Flughafen Shannon Nachlackierungsarbeiten durchgeführt wurden.
Das sagt der Richter:
«Die Ausbesserungsarbeiten an anderen Flugzeugen sind vielleicht nicht ganz so umfangreich, aber auf jeden Fall scheinen sie beträchtlich zu sein», so zitiert Qatar Airways den Richter: «Das Wort Ausbesserung ist hier angebracht. Es geht um die Symptome des Zustands, nicht um den Zustand selbst. Der Zustand selbst kann nicht behoben werden, indem z. B. eine weitere Beschichtung aufgetragen wird, mit oder ohne Entfernung der Lackierung. Er kann auch nicht dadurch behoben werden, dass das ECF entfernt (was ohnehin sehr schwierig ist, da es auf dem CFK ausgehärtet ist) und ein neues ECF aufgebracht wird. In jedem Fall würde der Zustand mit der Zeit wahrscheinlich wieder auftreten, es sei denn, das neue ECF unterscheidet sich in seiner Zusammensetzung oder Konstruktion von seinem Vorgänger. Das Gleiche gilt offenbar auch für eine einfache Neulackierung des Flugzeugs.
Daraus folgt logischerweise, dass sich der Zustand aus der Konstruktion des Flugzeugs ergeben hat, soweit es um die betreffenden Materialien geht. Es gibt nur zwei Möglichkeiten. Entweder führt die Verwendung dieser relativ neuen Form der Flugzeugzelle aus CFK (anstelle eines Metalls wie Aluminium) in Verbindung mit jeder Art von ECF unweigerlich zu dem Zustand oder etwas Ähnlichem. Oder es ist tatsächlich möglich, die entsprechenden Materialien so zu konstruieren und zu fertigen, dass die Verwendung von CFK beibehalten wird, aber so, dass der Zustand gar nicht erst auftritt.»
Es geht nicht mehr nur um den A350
Im Zuge des Rechtsstreits hat sich Airbus erlaubt, den Vertrag mit Qatar Airways über die Bestellung von A321 neo’s zu kündigen und ist vor Gericht damit durchgekommen. Die Airline wittert einen Missbrauch der Marktmacht und äussert sich besorgt über den Präzedenzfall, den Airbus schafft, indem es eine Flugzeugbestellung eines Erstkunden unrechtmässig kündigt, weil es sich nicht mehr an die Bedingungen halten will, zu denen es sich verpflichtet hat und zu denen es rechtlich verpflichtet ist, nachdem es solche Vereinbarungen freiwillig eingegangen ist.
Nach wie vor sieht sich Qatar Airways auch im Recht, die Lieferung weiterer A350-Flugzeuge abzulehnen, solange der Flugzeugtyp unter einem Konstruktionsfehler leidet, der inzwischen vom Gericht anerkannt worden sei. «Einen separaten und nicht damit zusammenhängenden Vertrag für einen anderen Flugzeugtyp zu kündigen, ist für unsere Branche äusserst schädlich», so Qatar.
Vor Gericht war Airbus bis jetzt erfolgreich
Auf Anfrage nimmt Airbus zu den Vorwürfen Stellung. Man sei überrascht über die völlig falsche Darstellung des Urteils des britischen High Court, welches alle Anträge von Qatar Airways auf einstweilige Verfügungen in Bezug auf den A321neo-Vertrag (am 26. April) und den A350 (am 26. Mai) zurückgewiesen hat. «Als einfacher Gradmesser für das, was tatsächlich passiert ist, hat der britische High Court Katar zur Zahlung von 97 % der Prozesskosten von Airbus verurteilt», so ein Sprecher von Airbus.
Fehler soll behoben werden vs. gütliche Lösung des Streits
Qatar Airways ist bereit, diese Angelegenheit bis zum Prozess durchzuziehen, um sicherzustellen, dass ihre Rechte gewahrt werden und dass Airbus verpflichtet wird, einen beispiellosen und äusserst einzigartigen Fehler zu beheben, der sich auf den Flugzeugtyp A350 auswirkt. Airbus setzt weiterhin auf Engagement und eine gütliche Lösung des Streits. Die Fortsetzung des Rechtsstreits liege nicht im Interesse einer der beiden Parteien, so Airbus.