RUAG International blickt auf ein von Neuausrichtungen und Zukunftsinvestitionen geprägtes Geschäftsjahr zurück. Insgesamt resultierte 2022 ein – bedingt durch den Verkauf von Geschäfts-bereichen – niedrigerer Nettoumsatz von CHF 945 Mio. (Vorjahr CHF 1‘240 Mio.) bei gestiegenem EBIT von CHF 178 Mio. (Vorjahr CHF 70 Mio.). Die gesteckten Ziele für die Privatisierung von drei Geschäftseinheiten (RUAG Simulation & Training, RUAG Ammotec, RUAG Australien) wurden erreicht. Während der EBIT (+153.4%) durch die Devestitionserlöse stark anstieg, sank auf der anderen Seite der Umsatz (-23.8%) durch den Wegfall der verkauften Geschäftsbereiche. Bereinigt um die Devestitions- und Fremdwährungseffekte stieg der Umsatz zum Vorjahr um 7%.
Bedeutende Aufträge gewonnen
Für das Jahr 2022 zieht CEO André Wall ein positives Fazit: «Trotz eines weltweit angespannten wirtschaftlichen Umfelds haben wir bedeutende Fortschritte gemacht und wichtige Meilensteine erreicht. Dazu zählen etwa der erfolgreiche Verkauf der Geschäftsbereiche RUAG Simulation & Training, RUAG Ammotec und RUAG Australia. Die neuen Eigentümer haben die jeweiligen Mitarbeitenden übernommen, was mir ein grosses persönlichen Anliegen war. Weiter haben wir den Space-Bereich organisatorisch stärker auf die Kunden ausgerichtet und konnten bedeutende Aufträge gewinnen, so etwa im Zusammenhang mit der Satellitenkonstellation «Kuiper» unseres Kunden Amazon. Letzteres führt zu einem Ausbau der Produktionsstätten für Launcherstrukturen in Schweden und den USA. Und nicht zuletzt verzeichneten wir im Flugzeugstrukturbereich eine deutliche Zunahme an Aufträgen und eine Stabilisierung des Geschäfts, was für die geplanten Devestitionen dieses Bereichs ein positives Zeichen ist.»
Space: Höherer Umsatz, neue Aufträge
Der Geschäftsgang der noch unter dem Dach von RUAG International verbleibenden Segmente Space (Beyond Gravity) und Flugzeugstrukturbau (RUAG Aerostructures) entwickelte sich insgesamt positiv. Im Space-Geschäft kletterte der Nettoumsatz um 11.7 Prozent auf CHF 356 Mio. und der Auftragsbestand stieg um 10.3 Prozent auf CHF 744 Mio. Dazu beigetragen haben verschiedene Grossaufträge, etwa im Zusammenhang mit der mehrere tausend Satelliten umfassenden Satellitenkonstellation «Kuiper» von Amazon. So stellt Beyond Gravity im schwedischen Linköping die Dispenser-Systeme zur punktgenauen Platzierung der Satelliten im Orbit her, während am US-Standort Decatur (Alabama) die Nutzlastverkleidungen für die US-amerikanischen Trägerraketen entstehen, welche die Amazon-Satelliten dereinst ins All befördern werden. Um das zusätzliche Auftragsvolumen bewältigen zu können, hat das Unternehmen sowohl in Decatur wie auch in Linköping in neue Produktionsstätten investiert, die punkto Digitalisierung und Automatisierung der Herstellungsprozesse neue Massstäbe für das Unternehmen setzen. Finanziell führten die nötigen strukturellen Anpassungen und die Investitionen in die Erweiterung der Produktionskapazitäten zu einem negativen EBIT von CHF -5 Mio. (Vorjahr CHF 14 Mio.).
Aerostructures: Höherer Umsatz und Gewinn
Im Flugzeugstrukturbau zahlten sich im Jahr 2022 die in den Vorjahren initiierten Restruktu-rierungsprogramme aus. Im Geschäft mit dem Kunden Airbus gelang es, durch Verbesserungen der Arbeitsprozesse und durch eine Optimierung der Produktionssysteme die Produktivität nachhaltig zu erhöhen. Parallel dazu hat der Bereich von einer wieder steigenden Nachfrage nach Passagierflugzeugen profitiert. Der Nettoumsatz stieg um 12.6 Prozent auf CHF 235 Mio., der Auftragsbestand um 19.4 Prozent auf CHF 269 Mio. Der EBIT belief sich auf CHF 43 Mio. (Vorjahr CHF 5 Mio.), wobei ein wesentlicher Teil des positiven Resultats auf die Auflösung der im Jahr 2020 gebildeten Rückstellungen und Wertberichtigungen entfällt. Sowohl Aerostructures Deutschland und Ungarn wie auch Aerostructures Schweiz sind damit für eine Devestition bereit, die eine erfolgreiche Weiterführung des Geschäfts bieten.
Erfolgreiche Devestitionen
Im Rahmen der vom Schweizer Bundesrat festgelegten Devestitionsstrategie hat RUAG International in den letzten Jahren bereits zahlreiche Geschäftsbereiche verkauft. Anfang Mai 2022 erfolgten die Eigentumsübertragungen aller Anteile von RUAG Simulation & Training an Thales. Das französische Unternehmen übernahm alle Geschäftstätigkeiten wie auch alle rund 500 Mitarbeitenden. Ende Juli 2022 wurde der Verkauf von RUAG Ammotec an die italienische Beretta Holding AG abgeschlossen. Beretta übernahm alle Aktivitäten wie auch die rund 2'700 Mitarbeitenden an zahlreichen Standorten in Europa. Anfang September verkaufte RUAG International ihr Tochterunternehmen RUAG Australia an die australische ASDAM-Gruppe, die verschiedene australische Industrieunternehmen umfasst.
Beyond Gravity mit schlankerer Organisation
Auf den 1. Mai 2022 übernahm André Wall, zusätzlich zu seiner Position als CEO von RUAG International die operative Führung der Raumfahrtsparte Beyond Gravity. Mit der Ende September kommunizierten neuen Organisationsstruktur hat das Unternehmen seine Strukturen verschlankt, auf mehr Effizienz und unternehmerische Verantwortung ausgerichtet und für zukünftige Wachstumsfelder aufgestellt. So liegt der Fokus auf klaren Verantwortlichkeiten für Gewinne und Verluste in den Divisionen Launchers, Satellites und der neu etablierten Division Lithography. Für neue und innovative Impulse sorgt das unternehmenseigene Start-up-Programm «Launchpad». Es bietet jungen Unternehmen und Start-ups ein Mentoring- und Trainingsprogramm mit direktem Zugang zur internationalen Raumfahrtgemeinschaft, einschliesslich hochspezialisierter Ingenieure, Partner, nationalen Agenturen und Kunden.
Gute Resonanz für neuen Markenauftritt «Beyond Gravity»
2022 setzte sich RUAG International zum Ziel, die Weltraumsparte Beyond Gravity (vormals RUAG Space) zu einem «Start-up mit jahrzehntelanger Erfahrung» zu entwickeln. Der im März 2022 neu lancierte Markenname «Beyond Gravity» unterstreicht diese Dynamik. Damit positioniert sich das Space-Segment als agiler und innovativer Partner der weltweiten Space-Industrie. André Wall betont: «Der neue, dynamische Markenauftritt führt zu einer positiven Resonanz bei Kunden und erhöht die Attraktivität für potenzielle Arbeitnehmende spürbar.»
Beyond Gravity setzt Nachhaltigkeit weit oben auf die Agenda.
Beyond Gravity will mit seinen Produkten und Innovationen einen Beitrag zur positiven Entwicklung der Menschheit und einem besseren Leben auf der Erde leisten. Dieser Anspruch wurde bei der Lancierung des neuen Brands in der Unternehmensvision verankert. Im Jahr 2022 hat das Unternehmen dazu ein umfassendes ESG-Projekt (Environment, Social, Governance) gestartet, mit dem Ziel für das Berichtsjahr 2023 erstmals einen umfassenden ESG-Report zu publizieren. Andre Wall erklärt: «Durch unsere führende Marktposition bei vielen zentralen Produkten für die Raumfahrtindustrie können wir die nachhaltige Entwicklung der ganzen Branche positiv beeinflussen. Ich will, dass nachhaltiges Handeln zu einem integralen Bestandteil unserer DNA wird und sehe darin auch eine Chance, Impulse für neue Produkte und Dienstleistungen, Märkte zu erhalten.»
Ausblick RUAG International und Beyond Gravity
Für RUAG International stehen die Vorbereitung und der Verkauf der beiden verbleibenden Flugzeugstrukturbaubereiche Oberpfaffenhofen/Eger sowie Emmen im Fokus. Um ein optimales Verkaufsergebnis zu erzielen, werden die Bereiche unter anderem die Kostenstrukturen und die Prozesse weiter optimieren. Das wirtschaftliche Umfeld für die weltweite Luftfahrt dürfte sich in den nächsten Jahren weiter verbessern und mithelfen, eine attraktive Nachfolgelösung zu finden.
Beyond Gravity wird sich 2023 auf die Umsetzung der gestarteten Restrukturierungs-, Optimierungs- und Investitionsvorhaben konzentrieren. Geplant sind zudem weitere Investitionen, um das erwartete Volumenwachstum zu bewältigen. Zentral ist für Beyond Gravity in den kommenden Jahren die digitale Transformation des Unternehmens. Parallel wird das Produkt-portfolio weiter gestrafft. Auch wird 2023 intensiv an der Fertigstellung der neuen Produktions-stätten am US-Standort Decatur und im schwedischen Linköping gearbeitet. Dies ist eine weitere wichtige Grundlage, um bis spätestens Ende 2025 einen attraktiven Käufer für Beyond Gravity zu finden.