Wet-Leasing, auch bekannt als ACMI-Leasing (Aircraft, Crew, Maintenance, and Insurance), ist mittlerweile eine gängige Praxis in der Flugbranche.  Anstatt selber Flugzeuge zu kaufen oder zu leasen, mieten Fluggesellschaften Flugzeuge und die dazugehörigen Besatzungen von anderen Unternehmen an. Diese Praxis ist legal und die Vorteile für die Fluganbieter sind nicht von der Hand zu weisen. Soweit die Reise reibungslos und zur Zufriedenheit der Fluggäste verläuft, machen sich diese auch kaum Gedanken darüber, in wessen Flugzeug sie sitzen.  

Ergebnisse werden Behörden vorgelegt

Was der ECA zunehmend zu denken gibt, sind Verstösse gegen das Arbeitsrecht im Rahmen des Wet-Leasing. Seit Beginn des Sommers hat die ECA die Aktivitäten rund um mehr als 100 Wet-Lease-Flugzeuge in Europa gründlich untersucht und dabei Zeugenaussagen, Verträge und Daten von Piloten und Pilotenverbänden gesammelt. Die alarmierenden Ergebnisse will die Pilotenvereinigung nun nationalen Arbeits- und Luftfahrtbehörden sowie der Europäischen Arbeitsbehörde in Bratislava für eine umfassende Untersuchung vorlegen.  

Mit Selbstständigen Sozialversicherungsbeiträge sparen

«Wenn wir uns die Landkarte Europas und des Wet-Leasings ansehen, können wir deutliche Muster und Ähnlichkeiten feststellen. Das Profil des 'typischen ACMI-Anbieters' ist ziemlich einheitlich», sagt ECA-Präsident Otjan de Bruijn. «Unter der Oberfläche der Legalität entdecken wir zweifelhafte und zweideutige Vereinbarungen. Wir sind der Ansicht, dass diese von den zuständigen Behörden gründlich untersucht werden müssen», so de Bruijn. Die Praxis sei weit verbreitet, Piloten und Kabinenpersonal im Rahmen von Verträgen mit Selbstständigen einzustellen, um so die Kosten zu senken und die Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen zu vermeiden. Eine solche Selbstständigkeit von Piloten werde häufig als Scheinselbstständigkeit eingestuft, wobei eine Fülle von Beweisen zeige, dass die Beschäftigung von selbstständigen Besatzungsmitgliedern nicht mit dem Arbeitsrecht vereinbar sei. 

In keinem EU-Land registriert

Darüber hinaus werde ein erheblicher Teil des Flugpersonals über Vermittler aus Drittländern unter Vertrag genommen, die in keinem EU-Land als Zeitarbeitsunternehmen registriert sind. Diese Umstände führen möglicherweise zu illegalen Praktiken, so der ECA. Eine eingehendere Untersuchung könnte Verstösse gegen die gesetzlichen Mindestrechte des Flugpersonals im Hinblick auf die Normen des Aufnahmemitgliedstaats in Bezug auf Ruhezeiten, Jahresurlaub, Zulagen oder Erstattungen usw. aufdecken.

ECA fordert Untersuchungen an Flughäfen

Der Wunsch der europäischen Piloten: «Wir möchten die Fluggesellschaften, die Wet-Leasing nutzen, dazu auffordern, Vorsicht in er Wahl des Anbieters walten zu lassen. Sie sollten besonders auf die Beschäftigungsbedingungen des Wet-Lease-Personals achten, denn Verstösse könnten sich auch auf sie als Fluggesellschaft auswirken», sagt Ignacio Plaza, stellvertretender Generalsekretär der ECA. «Wir fordern die Arbeitsbehörden der Mitgliedstaaten auf, in ihren jeweiligen Flughäfen Untersuchungen durchzuführen, um die Einhaltung des Sozial- und Arbeitsrechts zu überprüfen.»