«Cockpit»-online: Vladi Barrosa, ab welchem Zeitpunkt begann sich Skyguide mit den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie zu beschäftigen und konkrete Massnahmen zu ergreifen?
Vladi Barrosa: Skyguide hat früh begonnen, die sich entwickelnde Situation zu verfolgen und hat bereits am 2. März eine erste Task Force-Sitzung abgehalten, die seither täglich (werktags) stattfindet. In der Task Force werden alle nötigen Schritte geprüft, diskutiert und entschieden.
Wie gestalten sich die umgesetzten Massnahmen aktuell und mit welchen weiteren Massnahmen ist zu rechnen?
Aufgrund des dramatischen Rückgangs des Luftverkehrs arbeiten wir mit einem reduzierten Bestand an Flugverkehrsleiterinnen und Flugverkehrsleitern und alle Mitarbeitenden, die es für den operationellen Betrieb nicht vor Ort braucht, arbeiten – wenn immer möglich – zum eigenen Schutz und dem ihrer Kolleginnen und Kollegen von Zuhause aus.
Lässt sich der Verkehrsrückgang in aktuellen Zahlen und Prozenten darstellen?
Der Verkehrsrückgang im von Skyguide kontrollierten Luftraum beträgt rund 90% (Stand 26.3.2020).
Stellt sich die Situation auf den Flughäfen Zürich und Genf unterschiedlich dar?
Nein, die Situation ist praktisch identisch, beide Flughäfen sind vom Verkehrsrückgang stark betroffen. In Genf finden aber zusätzlich zum geringen Linienverkehr noch einige Flüge der diversen in Genf ansässigen, globalen Organisationen statt. Der Unterschied ist aber minimal.
Welche Konsequenzen hat die aktuelle Situation auf die Mitarbeitenden von Skyguide?
Diese aussergewöhnliche Situation verunsichert uns natürlich alle, was völlig normal ist. Wir wissen alle nicht, wie lange diese Gesundheitskrisen anhalten werden und jeder macht sich wohl ähnliche Gedanken. Das Wichtigste ist aber die Gesundheit und Skyguide tut alles, um die Mitarbeitenden zu schützen und sicherzustellen, dass wir das alle gemeinsam überstehen.
Mit welchen Massnahmen in personeller Hinsicht begegnet Skyguide diesen Auswirkungen? Werden Überstunden abgebaut, Ferien bezogen? Ist Kurzarbeit geplant, eingeführt oder kommt es gar zu Entlassungen oder Frühpensionierungen?
Da 80% unserer Einnahmen aus Überflug- und Transitgebühren bestehen und der Luftverkehr praktisch still steht, hat diese Krise weitreichende finanzielle Konsequenzen für Skyguide. Wir müssen daher unsere Kosten reduzieren und entsprechende Massnahmen umsetzen. In einem ersten Schritt werden Überstunden und Ferientage abgebaut. Weitere Möglichkeiten werden zurzeit mit unseren Sozialpartnern diskutiert. Das oberste Ziel ist dabei, alle Arbeitsplätze zu schützen.
Wie sieht die Situation – in fliegerischer Hinsicht und für die Mitarbeitenden – auf den verschiedenen Regionalflugplätzen aus?
Die Mehrheit der Regionalflugplätze operiert noch mehr oder weniger normal. Bern und Lugano haben den Betrieb reduziert; St. Gallen-Altenrhein hat ihn eingestellt. Auch für unsere Kolleginnen und Kollegen auf den Regionalflugplätzen haben wir Schutzvorkehrungen getroffen und wir analysieren die Entwicklung täglich, um sicherzustellen, dass wir sie bestmöglich unterstützen können.
Wie viele der Mitarbeitenden können von Zuhause aus arbeiten und welche besonderen Vorkehrungen haben Sie für die Mitarbeitenden vor Ort getroffen?
Die Flugverkehrsleiter ausgenommen, arbeiten rund zwei Drittel der Skyguide-Mitarbeitenden von Zuhause aus. Das sind etwa 600 Personen.
Die Kontrollräume von Skyguide dürften besonders kritisch sein. Welche Vorkehrungen wurden getroffen, damit die Vorgaben des Bundes in diesen geschlossenen Räumen eingehalten werden können?
Wir haben von Anfang an die Empfehlungen und Massnahmen des BAG befolgt und umgesetzt. So wurde beispielsweise umgehend genügend Desinfektionsmittel zur Verfügung gestellt und an den Radarkonsolen wird so gearbeitet, dass der Abstand zwischen den Lotsen eingehalten werden kann. Zudem haben wir den Zugang zu Kontrollräumen und Kontrolltürmen auf das nötige Personal eingeschränkt.
Wird die momentane Situation auch für die Aus/Weiterbildung oder fürs Training einzelner Funktionen genutzt? In welcher Form geschieht dies?
Nein, wir führen regelmässige Krisentrainings- und Übungen durch, damit wir für solche Echt-Fälle bereit sind. Zurzeit konzentrieren wir uns darauf, die Krise bestmöglich zu meistern, das Mandat des Bundes weiterhin zu erfüllen und die nötigen Services für die Luftfahrt bereitzustellen.
Hat die aktuelle Situation Auswirkungen auf die Rekrutierung bzw. Ausbildung von neuen Flugverkehrsleitern?
Wir rekrutieren weiterhin, auch wenn wir die für März und April geplanten Info-Veranstaltungen nicht durchführen können. Ausbildungs-Module und Trainings für angehende Fluglotsen, die online stattfinden können, werden weiterhin durchgeführt. Wir sind mit dem BAZL im Gespräch, um gemeinsam zu definieren, wie wir die Effekte dieser Krise möglichst ausgleichen können.
Rechnet Skyguide mit einem weiteren Rückgang des Flugverkehrs?
Das hängt ganz davon ab, wie lange diese Krise noch andauert und wie sich die Situation bei den Airlines entwickelt.
Herzlichen Dank für das Gespräch, Vladi Barrosa!