Norwegian war bereits vor der Covid-19-Pandemie in eine finanzielle Schieflage geraten. Unter anderem betreibt die Gesellschaft 30 Boeing 787 Dreamliner und hat bereits 18 Boeing 737 MAX im Bestand, die jedoch wegen der weltweiten Sperre des Flugzeugtyps am Boden bleiben mussten.

Der Katalogpreis, der abbestellten 97 Flugzeuge beträgt 5,5 Milliarden US-Dollar. Laut einer Pressemitteilung hat Norwegian bereits ein Gerichtsverfahren einleiten lassen, um eine Entschädigung der verursachten Verluste und eine Rückerstattung der bereits eingezahlten Einlagen für die zunächst bestellten Maschinen fordert. Noch im Juni kündigte Norwegian an, ab diesem Monat auf 76 nationale und internationale Strecken, davon die meisten in die Mittelmeerregionen wieder bedienen zu wollen.

Weiterentwicklung des Erfolgsmusters mit Problemen

Nach zwei Abstützen in den Jahren 2018 und 2019 mit 346 Toten wurden sämtliche Maschinen des Typs Boeing 737 Max gegroundet. Im Januar 2020 wurde die Produktion vorübergehend eingestellt. Die über 50 Jahre alte Boeing 737, die einst ein Erfolgsmuster war, wurde immer wieder modifiziert. Als 737 MAX sollte sie die direkte Antwort auf den Airbus A320 neo sein. Eine der Schwierigkeiten waren zunächst leistungsstärkere Triebwerke mit höheren Nebenstromverhältnissen zu verwenden. Da der Flügel der Boeing tiefer liegt als bei der A320 wurde kurzerhand das Problem so gelöst, dass man die Triebwerke deutlich höherlegen musste, weil eine Änderung am Fahrwerk nicht möglich war.

MCAS generierte falsche Daten

Das bewirkte, dass es zu deutlichen Schubveränderungen und damit zu Trimmproblemen kam. Die Schubveränderung führte zu einem steileren Anstellwinkel, gegenüber tieferliegenden Triebwerken. Normalerweise werden solche Schwerpunktveränderungen durch eine automatische Trimmregelung voll ausgeglichen. In diesem Fall musste aber das Maneuvering Characteristics Augmentation System, kurz MCAS eingebaut werden. Das System sollte ein Überziehen der Maschine verhindern, doch offenbar fütterten die Sensoren die Regler mit falschen Daten und die Maschinen wurden in den Sturzflug gedrückt. Zu weit und zu stark waren dafür die Negativausschläge des Höhenruders.

FAA erstellte Risikoanalyse – EASA groundete den MAX

Bereits nach dem ersten Unfall in Indonesien erstellte die amerikanischen FAA eine Risikoanalyse über die Boeing 737 MAX. Es wurde festgehalten, dass bei einer Gesamtbetriebsdauer aller Maschinen dieses Typs innerhalb von 45 Jahren 15 Abstürze einzukalkulieren seien.

Die europäische Luftfahrtbehörde EASA sperrte den Flugzeugtyp noch bevor die eigentlich zuständige amerikanische Luftfahrtbehörde FAA sich veranlasst sah, diese harte Massnahme zu vollziehen. Boeing versuchte zu beschwichtigen und wollte mit einer kleinen Softwareänderung den erkannten Fehler kompensieren. Doch inzwischen stehen Hunderte zur Auslieferung fertige 737 MAX bei Boeing in Parkposition.