Die neue Technologie lässt sich direkt in bestehende Produktionsketten und Industrieprozesse einbinden. Dies erleichtert eine rasche Umstellung auf nachhaltige Treibstoffe für die Luftfahrt (Sustainable Aviation Fuels/SAF).
Weniger CO2 und weniger Schadstoffe
Der Luftverkehr wächst weltweit. Ein Drittel der Klimawirkung von Flugzeugen wird durch CO2-Emissionen verursacht. Zwei Drittel entfallen auf sogenannte Nicht-CO2-Effekte. Dazu zählen der Ausstoss von Schadstoffen sowie der Einfluss von Kondensstreifen und der daraus entstehenden Zirruswolken auf das Klima.
Kein fossiles Kerosin mehr
Im Forschungsprojekt M2SAF erproben das DLR und vier Industrieunternehmen mehrere Produktionsprozesse für synthetisches Kerosin auf Basis von Methanol. Anders als bei bisherigen nachhaltigen Treibstoffen, muss das synthetische Kerosin nicht mehr mit konventionellem, fossilem Kerosin gemischt werden. Damit können Flugzeuge 100 Prozent nachhaltigen Treibstoff tanken.
Zwei verschiedene Treibstoffvarianten
Die Forscherinnen und Forscher untersuchen zwei Treibstoffvarianten, sogenannte Drop-in-Treibstoffe und Non-Drop-in-Treibstoffe. Die Bezeichnung Drop-in bedeutet, dass die SAF-Treibstoffe wie rohöl-basierte Treibstoffe eingesetzt werden können, ohne dass ein Umbau der Triebwerke nötig ist. Somit eignet sich Drop-in-SAF zur Verwendung in allen heute eingesetzten Flugzeugen.
Drop-in enthalten rohölbasiertes Kerosin
Als Drop-in bezeichneter Kraftstoff muss gemäss ASTM D7566-Spezifikation hergestellt und zu einem normenkonformen ASTM D1655 Kraftstoffgemisch (Blend) verarbeitet werden. Heute werden SAF-Treibstoffe in der Regel mit rohölbasiertem Kerosin gemischt. Je nach Herstellungsverfahren dürfen dem rohölbasierten Kraftstoff bis zu 50 Prozent alternative Treibstoffe beigemischt werden.
Aromaten verursachen Russ
Non-Drop-In SAF erfüllen die genannte ASTM D1655-Spezifikationen nicht. Zum Beispiel, weil auf Aromaten verzichtet wird. Aromaten im Treibstoff sind zum Betrieb von herkömmlichen Flugzeugmotoren unverzichtbar, aber sie führen in der Brennkammer eines Triebwerks zur Russbildung. Diese Russteilchen im Abgas können zu Kondensstreifen und Zirruswolken führen, was eine höhere Klimawirkung zur Folge hat als das CO2, das bei der Verbrennung von fossilem Kerosin entsteht.
Non-Drop-in SAF ohne Aromaten
Im M2SAF-Forschungsprojekt wird in der Version des Non-Drop-in-SAF auf eben diese Aromaten verzichtet. Der Einsatz von Non-Drop-In SAF ohne Aromaten verringert die Russ-Emissionen um rund zwei Drittel. Dadurch lassen sich nicht CO2-Effekte im Vergleich zur Drop-in-Variante deutlich stärker reduzieren.
Nur für zukünftige Triebwerke und Flugzeuge
«Eine Herausforderung bei der Verwendung von aromatenfreien Kraftstoffen ist, das Dichtungsverhalten von Dichtungsringen in den Triebwerken der Flugzeuge zu gewährleisten», erklärt Professor Prof. Dr.-lng. Andreas Huber, Direktor des DLRlnstituts für Verbrennungstechnik. Die DLR-Forscherinnen und Forscher nutzen ein gezieltes Treibstoff-Design, mit dem sie die Zusammensetzung des synthetischen Kerosins optimieren. «Dieses ist zwar nur für zukünftige Flugtriebwerke geeignet, es ist dennoch ein unerlässlicher Schritt in Richtung klimaoptimierte Treibstoffe der Zukunft», betont Prof. Andreas Huber.
Emissionen in der Produktion
Im Projekt M2SAF optimieren die Beteiligten die verschiedenen Herstellungsschritte für die neuen Treibstoffe. Das Ziel ist, die CO2-Emissionen bei der Produktion so gering wie möglich zu halten. In einem nächsten Schritt ist der Bau einer Pilot-Anlage geplant.
DLR-Expertise für Verfahrenstechniken und Zulassung
Als Mitglied der ASTM International (American Society for Testing and Materials) bringt das DLR-Institut für Verbrennungstechnik seine Expertise bei der Qualifizierung von Treibstoffen für deren Zulassung in das Projekt ein. Die DLR-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler untersuchen die neuen Treibstoffe experimentell in Brennkammertests und simulieren die Verbrennungsvorgänge am Computer. Bei der Vorauswahl aus unterschiedlichen Zusammensetzungen von Treibstoffen, dem sogenannten Pre-Screening, nutzen sie neuartige Machine-Learning-Modelle, um die Treibstoffe zu bewerten und für die spätere Zulassung zu optimieren.
Mit seiner langjährigen Erfahrung unterstützt das DLR-Institut für Technische Thermodynamik die Entwicklung der verschiedenen Herstellungsverfahren. Die technische, wirtschaftliche und ökologische Analyse der verfahrenstechnischen Prozesse ermöglicht Vorhersagen für die zukünftige Produktion synthetischer Treibstoffe im industriellen Massstab.