Es sind nicht immer nur grosse Luftfahrtunternehmen, die sich durch bedeutende Innovationen profilieren. Viele Initiativen gehen auch von Lehrinstituten aus. Eine der herausragenden Institutionen ist die Eidgenössische Technische Hochschule (ETH) in Zürich. Immer wieder gehen von ihr entscheidende Impulse aus.
Batterien anstelle eines Treibstofftanks
Jüngstes Beispiel ist das Vorhaben zur Entwicklung eines rein elektrisch angetriebenen Viersitzers auf Basis eines in Südafrika entwickelten Kit-Flugzeugs. Die Sondierungsphase, um einen möglichen Hersteller, der auch bereit ist, einen Teil der Entwicklungskosten dafür mitzutragen, begann bereits im Jahr 2019.
Sling Aicraft, ein junges erfolgreiches Unternehmen für Bausatzflugzeuge, die sich besonders in den Vereinigten Staaten einer immer grösseren Beliebtheit erfreuen, fühlte sich durch die Schweizer Anfrage angesprochen und machte eine spontane Zusage, dem Vorhaben, aus einem normalen kolbenmotorgetriebenen Flugzeug eine Weiterentwicklung zu einem Elektroflugzeug zu konstruieren, entgegen zu kommen. Alexander Weiser, Masterstudent an der ETH, flog für drei Monate ins Werk bei Johannisburg und konstruierte vor Ort einen Flügel, der von 9,50 Meter auf 10,50 Meter Spannweite erweitert wurde. Zusätzlich hat er den Flügel so angepasst. Dass Batterien anstelle des Benzintanks platziert werden können.
Die überarbeitete Flugzeugstruktur wird derzeit von Sling Aircraft gefertigt und anschliessend auf dem Seeweg in die Schweiz geliefert. Parallel akquiriert e-Sling-Team weiterhin Projektpartner und Sponsoren und trifft weitere organisatorische Projektvorbereitungen.
Viel Erfahrung aus vorhergehenden Projekten
Die Hauptaufgabe der Projektstudenten liegt in der Auslegung des elektrischen Antriebsstrangs. Dazu zählt unter anderem die Entwicklung des Motors, der Inverter und der modularen und gekühlten Batterien sowie deren Platzierung.
Das Know-how für den elektrischen Antriebsstrang kommt von der ETH. Herzstück wird eine Motor-Eigenentwicklung mit einer kontinuierlichen Antriebsleistung von 55 kW sein. Dieser Motor kann kurzzeitig bis zu 5 Minuten bis auf 110 kW (Peack Power) belastet werden, was ausreichend für einen kraftvollen Steigflug ist. Dies auch dank des effizienteren Flügels.
Der Masterstudent Nicolai Solenthaler bekräftigt, dass man für elektrische Antriebsstränge ausreichende Erfahrungen besitze. Diese habe man für E-Motoren, Batterie Management Systeme, Controllern und Invertern aus vorangegangenen Projekten im Fahrzeugsektor gesammelt. Um möglichst mit optimalen Leistungen operieren zu können, will man bereits eineerprobte Flüssigkühlung verwenden. Das Antriebssystem soll mit einer Ladespannung von 540 Volt betreiben werden. Auch die 50 kWh-Batterien, die regulär als modulares System im Flügel verbaut werden soll, werden über ein Fluid-System gekühlt.
Erstflug für Sommer 21 geplant
Sling Aircraft trägt die Gesamtkosten der Flugzeugzelle, welche in Zürich-Dübendorf mit dem Antriebsstrang «verheiratet» wird. Dort darf sich die e-Sling mit drei anderen ETH-Entwicklungsteams im Innovationspark kostenfrei einmieten, wo ab September die Werkstätten für die Integration und den Einbau des Antriebsstranges und einer Testbench entstehen. Das Projekt ist sehr ehrgeizig angelegt.
Die Zulassung soll über die Experimental Aviation of Switzerland (EAS) in Kooperation mit dem Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) entstehen. Der Erstflug der Maschine ist bereits für das kommende Jahr im Sommer geplant.
Nach erfolgreichem Projektabschluss wird die e-Sling für Forschungszwecke und nicht-kommerzielle Demonstrationsflüge eingesetzt. Da man nach wie vor auch noch auf Unterstützung des Projektes angewiesen ist, hat man die Einladung zum Grenchener Electrifly-in vom 12.-13. September angenommen, in der Hoffnung dort auch weitere Kontakte zu erhalten.