Wenn natürliche Objekte, wie Meteoriten und Asteroiden in die Erdatmosphäre eintreten verglühen sie meist über unbewohntem Gebiet. Wobei «verglühen» – je nach Grösse des Objekts – harmlos ausgedrückt ist. Tun sie dies nämlich über bewohntem Gebiet – wie 2013 ein etwa 17 Meter grosser Asteroid über Russland – wird die Wucht spürbar. Der zwar kleine Asteroid riss es in einer Höhe von 15 bis 20 Kilometer über der Erdoberfläche mit einer Kraft von nahezu 500 Kilotonnen TNT auseinander, was ungefähr das 30-fache der Energie, die bei der Hiroshima-Bombe freigesetzt wurde entspricht. In der Stadt Tscheljabinsk verletzte die Druckwelle hunderte Menschen und richtete grosse Schäden an.

Mit dem von der NASA geplanten Einschlagexperiment DART und der später durchgeführte Mission Hera der Europäischen Raumfahrtagentur ESA soll eine wiederholbare Ablenkungstechnik geprüft werden, wie natürliche Objekte durch Umlenkung von der Erde ferngehalten werden können.

Ablenkung durch Kollision

Zunächst ist geplant, die Raumsonde DART mit dem kleinen Mond eines Asteroiden kollidieren zu lassen, um dessen Umlaufbahn um den Mutterkörper zu verschieben. Ziel ist der erdnahe Doppel-Asteroid Didymos. Dessen Hauptkörper hat einen Durchmesser von ca. 780 Meter, der Sekundärkörper «Dimorphos» um die 160 Meter. Letzterer entspreche der Grösse von Asteroiden, die für die Erde zur Bedrohung werden könnte, schreibt die NASA. Die Kollision mit dem kleineren Körper des binären Asteroidensystems Didymos soll im Herbst 2022 erfolgen. DART soll dabei mit einer Geschwindigkeit von etwa 6,6 km pro Sekunde einschlagen. Während das Asteroidensystem Didymos seine Bewegung um die Sonne unbeeinflusst beibehält, wird erwartet, dass die Kollision die Umlaufbahn des 160 Meter grossen Dimorphos um seinen 780 Meter grossen Mutterkörper Didymos geringfügig, aber deutlich verschieben wird – es handelt sich um den Bruchteil eines Prozents – aber ausreichend, um mit erdgebundenen Teleskopen und Radar gemessen zu werden.

NASA sorgt für Kollision ESA untersucht

Die Europäische Weltraumorganisation ESA wird DART beim Start in die Tiefen des Weltraums mit einer Bodenstation unterstützen, welche die Signale der ehrgeizigen Mission unmittelbar nach dem Start weiterleitet. Darüber hinaus verfolgt ein Team der Europäer die Startkampagne von DART besonders aufmerksam: jenes, das die ESA-Raumsonde Hera entwickelt. Dieses soll die Folgen der Kollision von DART aus nächster Nähe untersuchen.

DART und Hera waren ursprünglich als koordinierte Doppel-Raumsonden konzipiert, wobei eine Mission die Ablenkung und die andere die Präzisionsmessungen des Ergebnisses durchführen sollte. Im Laufe der Jahre wurde die Durchführung der beiden Missionen getrennt, aber die internationale Zusammenarbeit wurde durch das wissenschaftliche Konsortium AIDA (Asteroid Impact and Deflection Assessment) aufrechterhalten. Die beiden Missionen sind zwar für eine getrennte Durchführung konzipiert, doch wird ihr wissenschaftlicher Gesamtertrag durch die Kombination ihrer Ergebnisse erheblich gesteigert, schreibt die ESA.

Beobachtung vor Ort erst Jahre später

Bei der Beobachtung aus dem Weltraum bleiben jedoch zahlreiche Unbekannte, wie die genaue Masse von Dimorphos, sein Aufbau und seine innere Struktur, sowie die Grösse und Form des von DART hinterlassenen Kraters. Daher wird sich Hera im November 2024 auf den Weg zum Didymos-System machen und Ende 2026 mit der detaillierten «Tatortuntersuchung» der beiden Asteroiden beginnen. 

Durch das Sammeln von Daten aus nächster Nähe soll Hera dazu beitragen, das gross angelegte Einschlagsexperiment von DART in eine gut verstandene und wiederholbare Ablenkungstechnik zu verwandeln – bereit für den Fall, dass jemals ein Asteroid in Richtung Erde gesichtet werden sollte.