Im Zusammenhang mit der Umnutzung des Militärflugplatzes Dübendorf in ein ziviles Flugfeld seien wichtige Fragen aufgetaucht, die bei der Planung des Projekts 2013 nicht berücksichtigt worden sind. Dies teilt das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) mit. Zum einen hätten Abklärungen ergeben, dass der vorgesehene Flugbetrieb in Dübendorf aus Sicherheitsgründen grösseren Koordinationsbedarf mit dem Flughafen Zürich auslöst als ursprünglich angenommen worden ist. Zum anderen habe sich gezeigt, dass Grundstücke derart tief überflogen würden, dass die Eigentumsrechte der Grundeigentümer entgegen den bisherigen Planungen allenfalls beschränkt werden müssten. 

Das UVEK hat den Kanton Zürich über diese Entwicklungen und die neue Ausgangslage informiert. Zu den sicherheitstechnischen Aspekten wird das UVEK zudem eine Studie in Auftrag geben. Der Bund wird das weitere Vorgehen in Rücksprache mit dem Kanton Zürich klären, um tragfähige Lösungen für die Zukunft der zivilen Luftfahrt in Dübendorf zu entwickeln, so das UVEK. Der Aufbau des Innovationsparks sei von den neuen Entwicklungen nicht betroffen.

Flugplatz Dübendorf AG erhielt 2014 den Zuschlag

Im August 2014 beschloss der Bundesrat für das Gelände des Militärflugplatzes Dübendorf eine Dreifachnutzung mit Innovationspark, militärischer Bundesbasis und zivilem Flugfeld. Den Zuschlag zum Betrieb dieses zivilen Flugfelds erhielt gestützt auf eine öffentliche Ausschreibung die Flugplatz Dübendorf AG (FDAG). Die FDAG soll in Dübendorf ein Flugfeld in erster Linie für die Geschäftsluftfahrt betreiben und hierfür eine Betriebsbewilligung erhalten.

FDAG bräuchte Konzession

Im Verlaufe der Planungsarbeiten hat sich gemäss UVEK gezeigt, dass private Grundstücke derart tief überflogen würden, dass sich Grundeigentümer bei einer zivilen Nutzung des Flugfelds dagegen wehren könnten, teilt das UVEK mit. Um von den Grundeigentümern eine Duldung der Überflüge erwirken zu können, müssten diese entgegen den bisherigen Planungen allenfalls in ihren Eigentumsrechten beschränkt werden. Die FDAG verfügt jedoch nicht über die dazu nötigen Enteignungsrechte. Dafür bräuchte die FDAG eine Konzession. Eine Konzession wäre auch bei anderen Betriebsmodellen notwendig, bei denen eine vergleichbare zivilaviatische Nutzung vorgesehen ist, schreibt das UVEK in seiner Mitteilung.

Luftraum als weiterer Knackpunkt?

Im Rahmen der Planungsarbeiten habe sich laut UVEK zudem gezeigt, dass sich die Koordination des Flugbetriebs in Dübendorf mit dem des Flughafen Zürich schwieriger gestaltet als ursprünglich vorgesehen war. Zwischen dem geplanten Flugbetrieb in Dübendorf und dem Flugbetrieb des Flughafens Zürich bestehen enge Abhängigkeiten bei der Nutzung des Luftraums. Teilweise überlappen sich die Luftraum-Schutzbereiche, sodass aus Sicherheitsgründen eine stärkere Abstimmung zwischen den beiden Infrastrukturen notwendig sei. Linien- und Charterflüge auf dem Landesflughafen Kloten geniessen dabei gegenüber der in Dübendorf geplanten Geschäftsfliegerei Priorität. Eine Reduktion der Kapazitäten beim Flughafen Zürich zugunsten von Dübendorf sei laut UVEK deshalb keine Option.

Wäre neue Ausschreibung erforderlich?

Das Generalsekretariat des UVEK wurde vom BAZL am 21. Mai 2019 über diese Entwicklungen informiert. Aufgrund der neuen Erkenntnisse und nach Sichtung der einschlägigen Unterlagen hat das UVEK beim Bundesamt für Justiz (BJ) am 17. September 2019 ein Gutachten in Auftrag gegeben. Das Gutachten sollte die verfahrensrechtlichen Fragen rund um eine Konzessionierung klären sowie darlegen, ob bei einer allfälligen Erteilung einer Betriebskonzession ein ordentliches Ausschreibungs- oder Einladungsverfahren erforderlich wäre. Das Gutachten liegt seit dem 21. November 2019 vor und zeigt auf, dass folgende Schritte zwingend sind, sollte der Weg Richtung Betriebskonzession eingeschlagen werden: Im Sachplan Infrastruktur Luftfahrt (SIL) müssten der Konzeptteil geändert und das Objektblatt neu ausgestaltet werden. Zudem wäre ein Konzessionsverfahren durchzuführen. Dieses könnte mit dem ohnehin erforderlichen Umnutzungsverfahren kombiniert werden. In Bezug auf eine erneute Ausschreibung kommt das Gutachten zum Schluss, dass bei einem Start des Konzessionsverfahrens nach dem 1. Januar 2021 bzw. nach Inkrafttreten des revidierten Bundesgesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen davon auszugehen ist, dass für eine Konzessionierung eine neuerliche Ausschreibung erforderlich wäre, welche mehrere Jahre in Anspruch nehmen würde. Zusätzlich zu den im Gutachten des BJ geschilderten Verfahrensschritten sind eine Plangenehmigung und ein genehmigtes Betriebsreglement erforderlich.

Studie zu sicherheitstechnischen Aspekten

Das UVEK hat den Kanton Zürich vorab über die neuen Entwicklungen und Abklärungen informiert. Der Bund wird auch das weitere Vorgehen in enger Rücksprache mit dem Kanton Zürich klären, um tragfähige Lösungen für die Zukunft der zivilen Luftfahrt in Dübendorf zu entwickeln. Das UVEK hat auch den Bundesrat sowie die FDAG informiert. Das Departement lässt zudem die sicherheitstechnischen Aspekte für den Luftraum vertieft abklären und bereitet derzeit die Eckwerte für einen Studienauftrag vor. Die Studie soll Klarheit darüber schaffen, ob der Flugbetrieb in Dübendorf überhaupt wie 2014 geplant realisierbar ist, ohne die Kapazitäten beim Flughafen Zürich einzuschränken. Eine Expertengruppe unter Beteiligung von Skyguide, Luftwaffe und BAZL hat bislang keine Lösung finden können, die den hohen Sicherheitsanforderungen unter gleichzeitiger Berücksichtigung der Priorisierung des Flugverkehrs in Zürich genügt. Im SIL-Prozess sind laut UVEK die neuen Erkenntnisse und laufenden Abklärungen zu berücksichtigen. Die Überarbeitung des SIL-Objektblatts könne daher derzeit nicht abgeschlossen werden.

Flugplatz Dübendorf AG zeigt sich erstaunt

Mit Erstaunen habe die Flugplatz Dübendorf AG (FDAG) von der Mitteilung UVEK Kenntnis genommen, schreibt diese in einer Medienmitteilung. Sie werde das Gutachten des Bundesamtes für Justiz (BJ) sowie das beschriebene Vorgehen des UVEK sorgfältig prüfen. Gleichzeitig fordert die FDAG, dass der Bund seinen vertraglichen Pflichten nachkommt. Mit dem Vergabeentscheid des Bundesrates vom 3. September 2014 und der mit dem Bund abgeschlossenen Rahmenvereinbarung wurde die FDAG verpflichtet, alle für die Erwirkung der Plangenehmigung, Betriebsbewilligung sowie Genehmigung des Betriebsreglements erforderlichen Grundlagen zu erarbeiten. «Die FDAG ist ihren Verpflichtungen vollumfänglich nachgekommen und hat in den vergangenen Jahren sämtliche vom Bund geforderten Gesuchsunterlagen erarbeitet und finanzielle Mittel von mehreren Millionen Franken in das Projekt investiert», hält die FDAG fest. 

Keine tieferen Anflüge

Die Aussage des UVEK, Grundstücke würden derart tief überflogen, dass die Eigentumsrechte der Grundeigentümer entgegen den bisherigen Planungen allenfalls beschränkt werden müssten, ist laut FDAG irreführend. Diese suggeriere, dass Anflüge tiefer als bis anhin erfolgen. Fakt sei aber, «dass die Anflüge analog dem heutigen und bewährten Betrieb mit identischem Anflugwinkel geplant sind. Es handelt sich um ein Grundsatzproblem, dass bereits bei der Ausschreibung die Anflugwege für einen zivilen Betrieb auf dem Flugplatz Dübendorf nicht gesichert wurden.» Die Ausgangslage sei mithin unverändert.

BJ ebnet Weg, um vor 2021 die Konzessionierung anzugehen

Ab 2021 müsste eine Konzession möglicherweise ausgeschrieben werden, schreibt die FDAG. Es bleibe jedoch genügend Zeit, um vor 2021 die Konzessionierung anzugehen. Das BJ ebne mit den Aussagen in seinem Gutachten einem solchen Vorgehen den Weg und zeige auf, dass unter Berücksichtigung der Konzessionierung das koordinierte bzw. parallele Vorgehen mit dem SIL möglich sei. «Insofern reicht die verbleibende Zeit, um das Verfahren weiterzuführen und den geforderten Nachweis der mit dem Flughafen Zürich verträglichen Flugverfahren zu erbringen», teilt die FDAG mit. Sie will das Gutachten des BJ sowie das skizzierte Vorgehen des UVEK sorgfältig prüfen und selber weiterhin ihren Teil zu einer möglichst effizienten Umsetzung beitragen. Gleichzeitig fordert die FDAG, dass der Bund seiner vertraglich zugesicherten Mitwirkungspflicht zügig nachkommt.

Kritik des Regierungsrates 

Der Regierungsrat hat die heute vom UVEK kommunizierten neuen Entwicklungen in Dübendorf zur Kenntnis genommen. Dass so grundlegende Fragen betreffend die Sicherheit und das Grundeigentum erst so spät, nämlich kurz vor Abschluss des SIL-Prozesses auftauchen und geklärt werden, kritisiert der Regierungsrat in einer Mitteilung. Er erwarte vom Bund, dass dieser die Klärung der sicherheitstechnischen Aspekte und der Eigentumsfragen federführend in Angriff nehme. Die Situation müsse sorgfältig analysiert werden bevor das weitere Vorgehen in Rücksprache mit dem Regierungsrat festgelegt wird.

Innovationspark und militärische Nutzung nicht tangiert

Nicht direkt betroffen von den neuen Entwicklungen ist laut UVEK der Innovationspark auf dem Areal des Militärflugplatzes. Die Arbeiten am Innovationspark können wie geplant fortgeführt werden. Die erste Ausbauetappe hat mit der Umnutzung bestehender Hallen im westlichen Teil des Flugplatzgeländes bereits begonnen. Das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) will den Militärflugplatz Dübendorf weiterhin mindestens als Helikopterbasis nutzen. Der heutige Flugbetrieb wird unter der Leitung der Luftwaffe bis auf weiteres weitergeführt. Auch die Blaulicht-Organisationen können den Flugplatz weiterhin nutzen.