Melitta Schiller war die Tochter des aus einer Pelzhändlerfamilie stammenden Baurats und preussischen Beamten Michael Schiller. Ihre Mutter, Margaret Eberstein, stammte aus Bromberg. Während des Ersten Weltkriegs lebte Melitta bei ihrer Grossmutter in Schlesien, da ihr Vater an der Front war und ihre Mutter und die ältere Schwester im Sanitätsdienst. Nach dem Krieg fiel die Provinz Posen an Polen. Die Familie zog nach Hirschberg in Schlesien, wo Melitta 1922 ihr Abitur machte. Anschliessend studierte sie Mathematik, Physik und Flugmechanik an der Technischen Hochschule München. 1927 schloss sie mit Auszeichnung ab. Da ihr Vater als Kriegsversehrter ihre Ausbildung nicht finanzieren konnte, verdiente sich Melitta das Geld für ihr Studium durch Nachhilfestunden und Privatunterricht. Von 1928 an arbeitete sie als Diplom-Ingenieurin an der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt (DVL) in Berlin-Adlershof.
Untersuchungen an Verstell-Propellern
Im Jahr 1936 wechselte Melitta Schiller als Ingenieurin zu den Askania-Werken in Berlin-Friedenau. Hier beschäftigte sie sich mit Problemen der automatischen Steuerung von Flugzeugen. Noch während ihrer Zeit bei der DVL 1935/36 und auch Winter 1936/37 hatte sie an Blindfluglehrgängen der Lufthansa in Hannover und in Breslau teilgenommen und war bei Askania auch als Testpilotin tätig. Dort entwickelte sie Navigations- und Steuerungssysteme für die Flugboote Dornier Do 18 und Blohm & Voss Ha 139. Sie war auch an der Entwicklung der Askania-3-Achsensteuerung beteiligt. Die von Schiller erprobten automatischen Steuerungen wurden in Prototypen der Junkers Ju 87 eingesetzt.
Während der nächsten acht Jahre nahm Melitta Schiller theoretische und experimentelle Untersuchungen an Verstell Propellern vor. Zudem liess sie sich zur Flugzeugführerin ausbilden, damit sie die für ihre wissenschaftlichen Arbeiten notwendigen Testflüge selbst durchführen konnte. Während dieser Zeit lernte sie den Historiker Alexander Schenk Graf von Stauffenberg kennen, ein Bruder des späteren Hitler-Attentäters Claus Schenk Graf von Stauffenberg. Melitta und Alexander heirateten 1937.
Melitta Schenk Gräfin von Stauffenberg besass Flugzeugführerscheine für alle Klassen von Motorflugzeugen, den Kunstflugschein und alle Segelflugscheine. Am 28. Oktober 1937 wurde sie – als zweite Frau Deutschlands nach Hanna Reitsch – zum Flugkapitän ernannt.
Dienstverpflichtet zur Erprobungsstelle Rechlin
Melitta Schenk Gräfin von Stauffenberg wurde im Oktober 1939 dienstverpflichtet und zur Erprobungsstelle Rechlin der Luftwaffe abkommandiert. Hier setzte sie ihre Arbeit an Zielgeräten für Sturzflug- und Schiessvisiere fort. Um ihre Verbesserungen an den Geräten zu testen, führte sie selbst etwa 2500 Sturzflüge mit den Stukas Junkers Ju 87 und Ju 88 vor. 1940 stellte die Reichsstelle für Sippenforschung fest, dass ihre Grosseltern jüdischen Glaubens waren, dadurch erhielt Melitta Schenk Gräfin von Stauffenberg den Status der jüdischen Mischlinge ersten Grades, im Sinne der nationalsozialistischen Rassengesetzgebung. Vermutlich, weil sie die Luftwaffe als «kriegswichtig» einstufte, bewilligte 1941 die Luftwaffenführung ihren Antrag auf «Gleichstellung mit arischen Personen».
Ab 1942 wurde Stauffenberg an die Technische Akademie der Luftwaffe in Berlin-Gatow versetzt, wo sie ihre Testflüge fortsetzte. Am 22. Januar 1943 erhielt sie das Eiserne Kreuz II. Klasse und das Militärfliegerabzeichen in Gold mit Brillanten und Rubinen, einen Monat später das Flugzeugführer- und Beobachterabzeichen in Gold mit Brillanten. Anfang 1944 promovierte sie mit der Beurteilung «sehr gut» mit der Beförderung zur technischen Leiterin der Versuchsstelle für Flugsondergeräte.
Sippenhaft wegen Hitler-Attentat
Melitta von Stauffenberg pflegte regelmässig Kontakte mit Claus und Berthold von Stauffenberg in Berlin-Nikolassee. Letztmals am 16. Juli 1944 traf sie sich mit den Brüdern Stauffenberg und bekannten Personen des Verschwörer Kreises. Das belegen die persönlichen Tagebuchnotizen von Melitta von Stauffenberg. Ob sie Mitverschwörerin war, liess sich nicht belegen, offenbar wusste sie aber von den Plänen ihres Schwagers.
Nach dem missglückten Putschversuch wurden sie und ihr Mann Alexander in Sippenhaft genommen. Wegen «kriegswichtigen Aufgaben» entliess man Melitta nach sechs Wochen aus der Haft, sie konnte bald danach ihre Forschungstätigkeiten wieder aufnehmen. Fortan durfte sie sich offiziell nur noch «Gräfin Schenk» ohne den Zusatz «von Stauffenberg» nennen. Ihr Mann blieb mit elf weiteren Familienmitgliedern weiterhin inhaftiert, man verlegt sie in ein Konzentrationslager. Melitta benutzte ihre wichtige Position, um ihnen zu helfen, so gut sie konnte; sie erreichte, dass sie ihren Mann einmal im Monat sehen durfte.
Auf der Suche nach ihrem Mann abgeschossen
Ihre Dienststelle wurde im April 1945 von Berlin-Gatow nach Weimar-Nohra in die Nähe des KZ Buchenwald, in dem ihr Mann zeitweise inhaftiert war, verlegt. Nach der Räumung des KZ versuchte Stauffenberg, den Aufenthaltsort ihres Mannes ausfindig zu machen. Sie wurde dabei am 8. April 1945 in einem Bücker Bü 181 bei Strasskirchen in der Nähe von Straubing von einem US-amerikanischen Jagdflugzeug abgeschossen. Melitta konnte die Maschine noch notlanden, starb aber innerhalb weniger Stunden an den Verletzungen. Ihr Ehemann befand sich zum Zeitpunkt ihres Todes in einer Schule in Schönberg im Bayerischen Wald, wo man während des Gefangenentransports eine Rast eingelegt hatte.
Eine kurze, erfolgreiche Flugkarriere endete abrupt vor Ende des Krieges, der Name Melissa Schenk Gräfin von Stauffenberg wird aber zahlreichen Aviatik Freunden in Erinnerung bleiben.