Am 14. Juni 1905 in Bonn geboren, verlor Liesel Bach schon früh ihre Mutter. Sie besuchte das Lyzeum der Ursulinen in Hersel, Nordrhein-Westfalen. Abgesehen von ihren guten Schulleistungen hatte es ihr besonders der Sport angetan. Neben Hockey, Leichtathletik und Eiskunstlauf, bereitete ihr das Turmspringen viel Spass. Liesel errang sogar eine Olympia-Auswahl im Turmspringen. Vielleicht der freie Fall beim Turmspringen weckte in ihr die Lust auf das Fliegen.
Ein Naturtalent lernt den Kunstflug
Liesel Bach begann ihre Ausbildung als Segelflugpilotin auf dem Rodderberg bei Mehlem (Ortsteil von Bonn). Im Sommer 1929 traf sie auf den Kölner Fluglehrer Jakob Möltgen und fragte ihn, ob er ihr das Motorfliegen beibringen könne. Möltgen übernahm diese Aufgabe, trimmte das junge Mädchen, bis sie die Ehrenrunde über den Kölner Platz flog und den Pilotenschein in der Tasche hatte.
In einer 40-PS-Salmson-Klemm absolvierte sie die Übungen, die zur Erlangung des Kunstflugscheins erforderlich waren, denn der Kunstflug hatte es ihr besonders angetan. Schon bald flog sie Steilkurven, beherrschte den Slip links und rechts und den Turn, dann ging sie die Loopings an. Im Hinblick auf die ersten Damenmeisterschaften im Kunstflug hiess es, weitertrainieren, stets unter Betreuung von Jakob Möltgen, der begeistert über die Fortschritte der jungen Pilotin sprach und meinte: «Liesel Bach, unser «Bachstelzchen» ist ein Naturtalent, zum Fliegen geboren und sie wird einmal eine der ganz Grossen!»
Siegerin an der ersten Damenmeisterschaft im Kunstflug
Im Mai 1929 fanden in Köln die Kunstflugmeisterschaften statt – alle waren da, die von sich reden gemacht hatten: Die Fliegerinnen Beinhorn, Etzdorf, Hoffmann, Fussbahn, Willisch und Dr. Roos. Das waren Deutschlands fliegende Frauen, die dem «Nesthäkchen Liesel» gute Ratschläge gaben. Dann ging es los, Luise Hoffmann galt als Anwärterin auf den Titel und ihre Kür war ausgezeichnet. Aber die folgenden Elly Beinhorn und Marga von Etzdorf standen ihr in nichts nach. Als die Pflicht zu Ende war, führte jedoch Liesel Bach.
Bei der Kür waren noch mehr Zuschauer anwesend, um die schnellen Damen zu sehen, wie sie am Himmel ihre Figuren flogen. Wieder begeisterten die Pilotinnen das Publikum, das aufhorchte, als die Stimme des Ansagers ankündigte: «Am Start Liesel Bach auf Klemm L 26». Auch wenn der Motor nicht sofort anspringen wollte, klappte der Start und dann begann das «Bachstelzchen» ihre eigene, oftmals durchdachte und verbesserte Kür. Sie flog alle Loopings und Rollen sauber, auch die Acht gelang ihr perfekt, eine Figur, die noch niemand vor ihr geflogen hatte! Nach der Landung wurde sie von einigen Männern auf die Schulter gehoben, als der Lautsprecher verkündete: «Siegerin im Damenkunstfliegerin ist Liesel Bach!»
Über die Alpen
Mit beiden Beinen war Liesel Bach in die Fliegerei hineingesprungen. Nachdem sie Deutsche Meisterin wurde, bekam sie noch eine bessere Maschine, eine Klemm «Falke», mit der sie 1933 von Köln nach Friedrichshafen flog und dann über die Alpen nach Italien. Sie sah die schneebedeckten Gipfel und die Gletscher dicht unter sich und empfand tiefe Ergebenheit angesichts dieser gewaltigen Natur. Sie hatte ihre erste Alpenüberquerung hinter sich gebracht, im Laufe ihrer Fliegerzeit sollte dieses Gebirge noch zwölfmal überfliegen. (Liesel Bach war übrigens auch beim Internationalen Flugmeeting 1937 in Dübendorf dabei, wo sie mit einem Bücker Bü133 Jungmeister teilnahm).
Nach der Alpenüberquerung erfolgte die Landung auf dem Flugplatz Taliedo bei Mailand, sie wurde mit Jubel empfangen. Dort lehrte sie auch Lucie Byczkowski kennen, eine junge Fliegerin und Fallschirmspringerin aus Westfalen. Man bat Liesel, doch mit Lucie aufzusteigen und diese im Rückenflug aus ihrer Klemm auszukippen. Sie stiegen auf, Liesel kippte ihre neugewonnene Freundin aus 500 Meter Höhe aus, dann blähte sich der Fallschirm auf und Lucie erreichte sicher den Boden. Diese Vorführung erfreute das Publikum, und so kam es, dass die beiden in der Folgezeit immer wieder zusammen arbeiteten. Gemeinsam mit Lucie, die eine Junkers F 13 besass, wurden sie die Hauptattraktionen von Luftsportveranstaltungen.
Überführungspilotin der deutschen Luftwaffe
Während des Krieges ruhte natürlich jede sportliche Flugtätigkeit. Die Pilotinnen wurden zum Dienst in den verschiedenen Überführungs-Geschwadern verpflichtet. Liesel Bach absolvierte ihren Dienst im Überführungsgeschwader Mitte in Berlin-Tempelhof. Neben ihr flog auch Beate Uhse-Köstlin in diesem Geschwader.
1940 begann Liesel Bach in Rangsdorf einen Fliegerinnen-Kurs der vom 22.April 1940, um sich mit einer Anzahl einmotoriger Flugzeugtypen vertraut zu machen, die sie später von den Herstellerfirmen zu den Fliegerhorsten bringen würde. Im Rahmen ihrer Überführungsflüge landete sie am 4. Oktober 1940, von Stendal kommend, mit einer Junkers Ju 87 absolvierte Liesel Bach in Hildesheim einen Umschulungs-Kurs vom 27. Januar 1945 bis 20. Februar 1945, bei dem sie auf den Flugzeugmustern Messerschmitt B 108 «Taifun», Fieseler Fi 156 «Storch», Arado 96, Gotha Go 145, Focke Wulf 190, FW 58 «Weihe» und Messerschmitt Bf 109 geschult wurde. Dazu absolvierte sie insgesamt vierunddreissig Platzflüge.
Das Kriegsende am 8. Mai 1945 erlebte Liesel Bach auf dem Fliegerhorst Leck in Schleswig-Holstein. Sie bekam von Major Anton Hackl – Kommodore des JG 11 – auf einem Portraitfoto eine Widmung mit folgenden Wortlaut: «Dem herrlichen Mädel, Fräulein Liesl Bach, in alter Frontkameradschaft in den letzten Tagen des Weltringens.Toni Hackl Major und Geschwader Kommodore J.G. 11».
Abenteuer Indien
1950 bis Juli 1953 weilte Liesel Bach auf Einladung der Indischen Regierung in Indien. Von Düsseldorf aus ging es mit einer DC 3 der KLM nach München und von dort mit einer Lockheed Constellation der Ost-Asiatischen Linie über Rom-Kairo-Bagdad Dharan nach Karachi, dort Umstieg in eine Maschine der KLM nach Kalkutta. Im Januar 1951 startete sie auf dem Flughafen Lucknow mit ihrem Fluglehrer Manhore Namjoshi, Indiens Flieger-As Nr. 1 mit einer zweimotorigen, siebensitzigen Beechcraft zum Prüfungsflug für den Erwerb des indischen und internationalen Flugzeugführerscheins. Die bis Ende des 2. Weltkriegs ausgestellten deutschen Flugzeugführerscheine wurden durch alliierten Beschluss nach Kriegsende ungültig.
Im Februar 1951 errang Liesel auf dem Flugplatz Cawnpore bei einer internationalen Kunstflugmeisterschaft den ersten Platz. Während ihres Trainings erhielt sie von Group-Captain Singh die Zusage, eine Spitfire der Indian-Air-Force (IAF) fliegen zu dürfen. Sie absolvierte auf dem Militärflugplatz Chakari, nach einer Einweisungszeit am Boden von 10 Minuten, drei Starts und Landungen mit dem legendären englischen Jagdflugzeug.
Flug über den Himalaya
1951 bereitete sich Liesel Bach auch auf dem indischen Flughafen Lucknow auf ihren Flug über das Himalaya-Gebirge vor. Für diesen Flug stellte ihr der indische Minister P. B. Pant seine Beechcraft «Expeditor», Kz: VT- CJV, zur Verfügung.
Auf der ersten Etappe von Lucknow bis nach Haldvani am Fuss des Himalayas hatte Liesel Bach den indischen Minister an Bord; von Haldvani flog sie über das «Dach der Welt» alleine. Somit wurde Liesel Bach ist die erste Frau der Welt, die über dem Mount Everest (und später auch dem Nanga Parbat) flog! Vor ihrer Abreise wurde Liesel vom indischen Ministerpräsidenten Pandit Nehru verabschiedet, der ihr seine Verbundenheit mit Deutschland ausdrückte und ihr viel Glück und weitere Erfolge wünschte.
In Ceylon verteidigte Liesel Bach im Dezember 1952 ihren internationalen Titel im Kunstflug. Sie wurde Siegerin in der Damenklasse und holte den ersten Sieg in der Gesamtwertung einschliesslich der Herrenklasse.
1955 startete Liesel Bach wieder in Deutschland
Die Bundesrepublik Deutschland erhielt 1955 die Lufthoheit zurück und Liesel Bach legte sich ein neues Flugzeug zu. Sie entschied sich für eine Klemm Kl 35 B mit einem Motor vom Typ Hirth HM 506. Damit beteiligte sie sich an verschiedenen Wettbewerben, wie Deutschlandflügen, sowie an der 10. Deutschen Kunstflugmeisterschaft und 1963 an der Europameisterschaft im Kunstflug für Damen, die sie auch gewann.
1962 fand auf dem Flugplatz Betzdorf eine Flugveranstaltung unter Mitwirkung von Liesel Bach statt. Sie wurde betreut vom Kölner Flieger des Kölner Klubs für Luftfahrt Karl Heinz Springer. Anwesend war auch General a. D. Adolf Galland, der «General der Jagdflieger» des 2. Weltkriegs. Auf Initiative des Kölner Fliegers Karl-Heinz Springer wurde am 1. August 1981 in Köln der «Liesel Bach»-Sportfliegerklub e.V. gegründet. Als Fluggerät dient zunächst die neuaufgerüstete Kunstflugmaschine Klemm Kl 35 «Liesel Bach», D-EDOD. Andere Sportflugzeuge reihten sich später in das Inventar des Vereins.
Wenn sich Liesel Bach auch nicht mehr an Rekordflügen und Meisterschaften beteiligte, so war sie dennoch während längerer Zeit in den Cockpits modernster Sport-Maschinen in Frankreich und Spanien zu sehen.1992 verstarb Liesel Bach in Frankreich im Alter von 86 Jahren.